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2022 WINTER

K-DRAMA BESTRICKT DIE HERZEN DES WELTPUBLIKUMS

Die Welt in K-Dramen

K-Dramen, die in jüngster Zeit auf der ganzen Welt an Popularität gewinnen, weisen das narrative Merkmal auf, dass die Unterlegenen in der vertikal hierarchisierten Welt durch Auflehnung gegen die Mächtigen einen Gesellschaftsumbruch anstreben. Vor dem Hintergrund der coronabedingt zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung fand dieses Narrativ weltweit Resonanz und Zuspruch.

Eine Szene aus The Silent Sea, einer im Dezember 2021 veröffentlichten koreanischen Sci-Fi-Serie. Diese Serie hebt sich von den typischen Katastrophenfilmen oder -dramen dadurch ab, dass sie nicht dem vorherrschenden Helden-Narrativ folgt. Statt dessen erzählt sie von einem Weltraumforscher-Team, das sich dafür entscheidet, die Krise auf Basis von gegenseitigem Respekt und Kooperation zu bekämpfen. Damit präsentiert sie eine Vision dafür, auf welche Weise sich die Welt zum Besseren verändern sollte.
© Netflix

Das Wachstum des Marktes für Online-Streaming-Dienste brachte große Veränderungen im Ökosystem der Medieninhalte mit sich. Seit dem Aufkommen der COVID-19-Pandemie steigen auf OTT-Plattformen wie Netflix Mitgliederzahlen und Sehdauer Jahr für Jahr an. Bis vor kurzem fanden K-Dramen hauptsächlich in Asien und Nahost großen Anklang, aber heutzutage verbreiten sie sich über internationale Plattformen auch in Europa und im angloamerikanischen Sprachraum.

Derzeit stehen untertitelte oder synchronisierte K-Dramen in mehr als 30 Sprachen zur Verfügung. Die globalen OTT-Plattformen wurden zu einer digitalisierten Seidenstraße, mittels derer die K-Dramen die Sprachbarrieren überwinden und weltweit auf große Resonanz stoßen. Was zählt, ist jedoch nicht die Methode, sondern der Inhalt. Die Corona-Pandemie vertiefte weltweit die Kluft zwischen Arm und Reich und die Konflikte zwischen den sozialen Schichten. Die K-Dramen sind Spiegel dieser grauen Realität, mit der alle Menschen auf der Welt konfrontiert sind.




Beißende Gesellschaftskritik
Wirft man einen Blick auf die Liste der TV-Serien, die Anfang bis Mitte der Nullerjahre die Koreawelle Hallyu ins Rollen brachten, fällt auf, dass meist Romanzen zwischen einem reichen Mann und einer armen Frau thematisiert wurden. Diese Konfiguration tat man oft als klischeehafte, abgedroschene Aschenputtel-Geschichte ab. Lässt man jedoch das Geschlechterklischee beiseite, ergibt sich eine neue Lesart. Die Geschichte einer reichen und einer armen Person, die sich anfangs aufgrund des Mangels an gegenseitigem Verständnis streiten, sich dann aber nach vielen Aufs und Abs ineinander verlieben, erzählt letztendlich von gesellschaftlichen Klassenkonflikten. Das heißt, die koreanischen Melodramen sind mehr als reine Liebesgeschichten.

Die Netflix-Zombie-Serie Kingdom (2019-2021), die weltweites Interesse an dem traditionellen koreanischen Herrenhut Gat weckte, unterscheidet sich schon in ihrer Hintergrundgeschichte von den westlichen Zombie-Serien. In den meisten westlichen Werken wie The Walking Dead (2010-2022) breitet sich ein unbekanntes Virus explosiv aus und verwandelt die Menschen in Zombies. In der Serie Kingdom, die vor dem Hintergrund der Klassengesellschaft der Joseon-Zeit (1392-1910) spielt, wird dargestellt, wie die Gesetze des Dschungels, getriggert durch Klassenunterschiede sowie Gier und Korruption in der Führungsschicht, die Zombie-Epidemie auslösen. Auch die Netflix-Hitserie Squid Game (2021), die bei den 74. Emmy Awards 2022 in sechs Kategorien, darunter Herausragende Regie und Herausragender Hauptdarsteller, ausgezeichnet wurde, verwandelt eine lockere, unterhaltsame Serie, die von einem Überlebensspiel handelt, in einen Thriller, der sich mit der scharfen Konkurrenz und Ungerechtigkeit in der kapitalistischen Gesellschaft auseinandersetzt. Auf diese Weise vermitteln die K-Dramen themen- und genreübergreifend sozialkritische Botschaften.



Eine Szene aus Kingdom, einem historischen Zombie-Drama, das nach der Veröffentlichung von Staffel 1 auf Netflix im Jahr 2019 für eine Sensation sorgte. Anders als in den meisten Zombiefilmen und -serien, in denen eine durch ein unbekanntes Virus verursachte Epidemie zum Erscheinen von Zombies führt, wird in Kingdom, das zeitlich im Joseon-Reich angesiedelt ist, der Zombie-Ausbruch durch die rigide, von Ungleichheit und Gier geprägte Klassenstruktur der Gesellschaft ausgelöst.
© Netflix

 

Umkehrung der Machtverhältnisse
Nach dem weltweiten Erfolg von Squid Game gab es im In- und Ausland viele K-Dramen-Analysen. Als Grund für den Erfolg wurde meistens darauf verwiesen, dass gesellschaftliche Themen als Motiv gewählt wurden, um die reale Welt widerzuspiegeln. TV-Serien mit dem Thema gesellschaftliche Ungleichheit und Ungerechtigkeit werden jedoch nicht nur in Korea, sondern auch in anderen Ländern produziert. Daher ist es schwierig zu sagen, ob die Widerspiegelung der vernunftwidrigen Realität und die Behandlung aktueller Themen die originären Charakteristika der koreanischen Fernsehserien darstellen. Was aber ist dann der wesentliche Grund für das internationale Interesse an K-Dramen?

Die in den letzten Jahren beliebten, bzw. aufmerksamkeitserregenden Serien wie Kingdom, Itaewon Class (2020), Vincenzo (2021), D.P. (2021) und Squid Game haben einige Gemeinsamkeiten: Die Welt besteht aus vertikalen Beziehungen zwischen den Mächtigen und den Unterlegenen, und funktioniert als ein rigides System. In dieser Welt haften dem Machtkartell als Nährboden für Korruption und Achse des Bösen psychopathische oder soziopathische Merkmale an. Die Unterlegenen hingegen sind sozial Schwache mit mitleiderregenden, traurigen und turbulenten Lebensgeschichten. Auf Basis dieses Bewusstseins über die düstere Realität bauen die K-Dramen eine Weltanschauung auf, in der die hierarchische Ordnung zwischen den Mächtigen und den Unterlegenen im Mittelpunkt steht. Universelle Themen wie ungleiche Verteilung des Reichtums und Ungerechtigkeit stoßen dabei auf breite Resonanz.

Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen der Fernsehserie und der realen Welt: Die Hauptfiguren der Serien gehören ausnahmslos zu den Unterlegenen. In der Realität sind die Mächtigen stets mächtig, in den Dramen aber können die Unterlegenen „mächtig“ werden. Die K-Dramen bewirken bei den Zuschauern durch die Subversion der Realität eine Katharsis. Das ist die Art und Weise, wie sie die Welt erfassen und darstellen.



Vincenzo, ausgestrahlt auf tvN 2021, stellt das konventionelle Dramenformat mittels subversiver Fantasie auf den Kopf. Anstelle eines rechtschaffenen Staatsanwalts oder Detektivs, der ein soziales Problem löst, geht ein Anwalt, der die Mafia berät nach „Auge-um-Auge-Manier“ gegen die Bösewichte vor.
Mit freundlicher Genehmigung von STUDIO DRAGON

Eine Szene aus dem Webtoon-basierten Militärdrama D.P. (2021), das die Geschichte einer Militärpolizei-Einheit erzählt, die Deserteure jagt und festnimmt. Dieses Drama spielt zwar im koreanischen Militär, aber die Ungerechtigkeiten, die D.P. realitätsnah beschreibt, könnten in jeder Gesellschaft vorkommen, weshalb es bei Zuschauern in aller Welt auf starke Resonanz traf. Die New York Times listete die Serie als eine der besten internationalen Shows des Jahres 2021 und Forbes als eins der besten K-Dramen des Jahres.
© Netflix

Geschichte des Widerstands
In den koreanischen TV-Serien werden demokratische Werte auf Basis eines kritischen Realitätsbewusstseins über die hierarchische Ordnung und subversive Fantasie besonders dynamisch realisiert. Tatsächlich hat Korea auch außerhalb der TV-Serien eine Geschichte des Widerstands: Es erlebte und überlebte viele Leiden und Schwierigkeiten wie japanische Kolonialherrschaft, Koreakrieg und Militärdiktatur. Inner- und außerhalb von Fernsehserien ist zu beobachten, dass diejenigen, die nicht im Zentrum, sondern an der Peripherie der Gesellschaft stehen, die Welt retten. Nicht Heldentum verwirklicht Gerechtigkeit und rettet die Welt, sondern die Solidarität der Schwachen.

Deshalb steht das „K“ nicht einfach für den Staat Korea. Es symbolisiert die Geschichte des Widerstands in Korea, also den starken Willen, sich der Realität und den Schwierigkeiten nicht zu unterwerfen und eine bessere Welt zu schaffen. Dass Apple inmitten der sich verschärfenden Konkurrenz auf dem OTT-Markt mit seinem Dienst Apple TV+ als Späteinsteiger ein Budget in Höhe von 100 Milliarden Won in die Produktion der vor dem Hintergrund der japanischen Kolonialherrschaft spielenden Original-Serie Pachinko (2022) investierte, ist auch in diesem Kontext zu verstehen.

Sunja, die Hauptfigur der Serie, ist eine Bürgerin des Joseon-Reiches, aber zugleich steht sie als Metapher für das kleine, kolonialisierte Königreich und darüber hinaus für alle Unterdrückten der Welt. Zuschauer rund um den Globus erleben durch diese Fernsehserie bewegende Momente, in denen die Geschichte eines bestimmten Menschen, Zeitalters und Landes an globaler Universalität gewinnt und so Nachempfinden und Solidarisieren auslöst.



Die nächste Phase
Die COVID-19-Pademie hat die Menschheit zu einer Gemeinschaft gemacht, die über Leben und Tod gemeinsam beraten muss, sodass dabei Abgrenzungen zwischen den Staaten bedeutungslos werden. In dieser Zeit sendet eine TV-Serie eine beachtenswerte Botschaft: Die im Dezember 2021 veröffentlichte Netflix-Original-Serie The Silent Sea, die in einer nahen Zukunft spielt, in der Trinkwasser auf der Erde Mangelware geworden ist, handelt von einer Sondermission zu einer verlassenen Forschungsstation auf dem Mond. Ziel ist, „Mondwasser“ ausfindig zu machen, um das Wasserproblem auf der Erde lösen zu helfen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung zog die Serie unter dem Titel „Allererste koreanische SF-Serie, die auf dem Mond spielt“ große Aufmerksamkeit auf sich. Die Krise unseres Planeten ist kein neues Sujet, sondern wurde bereits mehrfach in englischsprachigen Filmen und Serien wie der Avengers-Filmreihe thematisiert. Was die koreanische Serie von den anderen unterscheidet, sind die Annäherungsmethode an die Krise und deren Lösung.

Nach vielen Aufs und Abs gelingt es den koreanischen Astronauten, eine Mondwasserprobe sicherzustellen. Sie bringen die Probe aber nicht nach Korea, sondern zum Internationalen Institut für Weltraumbiologie, um sie auf neutralem Territorium erforschen zu lassen und eine Monopolisierung des Mondwassers zu verhindern. Sie betrachten nämlich die Menschheit als eine Schicksalsgemeinschaft und entscheiden sich dafür, die Krise auf Basis von gegenseitigem Respekt und Zusammenarbeit zu überwinden. Absicht dieser Serie ist nicht, eine schnelle Lösung für das Problem zu liefern, sondern sich gemeinsam Gedanken darüber zu machen, wie es gelöst werden sollte. Die Fernsehserie wirft damit die Frage auf, wie die neue Welt nach dem erfolgreichen Umbruch der Gesellschaft durch die Unterlegenen aussehen sollte und wie diese die erlangte Macht ausüben sollten.

Nach Squid Game können in den K-Dramen nicht mehr die selben Themen wie bisher behandelt werden. Es gilt, die Geschichte danach zu erzählen. In dieser Hinsicht ist aufschlussreich, dass The Silent Sea zeigt, dass sich die Welt in dem Maße in eine bessere Richtung verändern lässt, in dem wir uns das vorstellen und entsprechend nach vorne schreiten. Genau darin liegt die Kraft der durch K-Dramen vermittelten originären Weltanschauung: Sie stellen nicht nur die Welt, wie sie ist, dar, sondern erforschen Möglichkeiten der Veränderung dieser Welt. In diesem Sinne stehen die K-Dramen jetzt vor einem neuen Anfang.



Bae Doona, die in der Serie The Silent Sea eine angesehene Astrobiologin spielt. Im Gegensatz zu anderen Sci-Fi-Dramen, die das Publikum mit spektakulären Szenen fesseln, hält dieses Drama an seinem nüchternen Ton fest und entschlüsselt die Spuren eine nach der anderen.
© Netflix

 

Kim Min-jungProfessorin für Kreatives Schreiben, Chung-Ang University

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