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2022 AUTUMN

Stärke und Reiz der koreanischen Narrative

Korea, das das komplex verwobene Joch der Geschichte ertragen hat, zählt zu den wenigen Ländern der Welt, in denen dynamische und unterschiedliche Ambitionen verschmolzen sind. Jüngst entfalten seine Geschichte und Erzählungen über verschiedene Kanäle ihre Anziehungskraft und gewinnen weltweit an Aufmerksamkeit.

Pachinko(2022) ⓒApple TV+ / Minari (2020) ⓒA24 /Native Speaker (1995) ⓒRiverhead Books



Der Spielfilm Coming Home Again (2019) von Regisseur Wayne Wang basiert auf dem gleichnamigen, am 16. Oktober 1995 in der Zeitschrift The New Yorker veröffentlichten autobiographischen Essay des Schriftstellers Lee Chang-rae, das am 16. Oktober 1995 in der Zeitschrift The New Yorker veröffentlicht wurde. In diesem Essay betreut der Sohn seine todgeweihte krebskranke Mutter und blickt dabei auf ihr hartes Leben als Einwanderer der ersten Generation zurück, das er aus seiner eigenen Perspektive beschreibt.


 

Der Film Minari beschreibt das harte Leben der koreanischen Immigranten auf der Suche nach dem amerikanischen Traum. Jacob, der Vater, startet eine eigene Farm und bemüht sich, seine Familie davon zu überzeugen, dass der Umzug in das ländliche Amerika eine gute Entscheidung war.
ⓒA24

Das berufstätige Ehepaar braucht jemanden, der sich um die Kinder kümmert und bittet Großmutter Sunja um Hilfe, die alles andere als eine typisch warmherzige und gütige Matriarchin ist. Der spitzbübige Sohn David kommt nicht mit ihr zurecht.
ⓒA24

Vorstoß koreanischer Geschichten auf die Weltbühne
In der Erinnerung des Autors achtete seine Mutter beim Vorbereiten von Rinderrippen darauf, dass der Knochen noch durch eine dünne, opake Sehnenschicht mit dem Fleisch verbunden blieb. Sie konnte köstliche koreanische Gerichte zubereiten, verbot ihrem Sohn aber den Zutritt zur Küche. Sie wollte, dass er seine Zeit ausschließlich dem Lernen widmete und zu einem wertvollen, allerseits anerkannten Mitglied der Gesellschaft heranwachse. Das entspricht perfekt dem Bild der hart arbeitenden Asiaten, das bis heute in der amerikanischen Gesellschaft aufkommt, wenn von koreanischen Einwanderern die Rede ist.

Die Mutter in Lees Essay Mutter erinnert an die Großmutter in Lee Isaac Chungs Film Minari - Wo wir Wurzeln schlagen (2020). Es ist eine typisch koreanische Mutter, lebenstüchtig, mit enger Bindung an ihre Kinder und einem ungemein starken Lebenswillen.

Genau wie die Mutter es sich gewünscht hatte, absolvierte Lee Chang-rae die Yale University, arbeitete ein Jahr lang als Aktienanalyst an der Wall Street, schrieb dannNative Speaker, seinen ersten Roman. Das Werk wurde mit sechs renommierten amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter dem Hemingway Foundation/PEN Award und dem American Book Award, wodurch es sofort ins Rampenlicht rückte. Als Einwanderer der 1,5. Generation hat Lee im wahrsten Sinne des Wortes unauslöschliche Spuren und glänzende Erfolge hinterlassen und gilt als aussichtsreicher Kandidat für den Literaturnobelpreis. Leider ist er außerhalb der Literaturkreise wenig bekannt, was wohl daran liegt, dass der Einfluss der Popkultur auf audiovisuellen Medien größer ist als der des Geschriebenen.

In diesem Sinne sind Wirkung und Strahlkraft von Minari des Regisseurs Lee Isaac Chung und von Pachinko der Autorin Lee Min-jin enorm. Der Spielfilm Minari wurde bei den Academy Awards für wichtige Oscar-Kategorien nominiert, darunter Youn Yuh-jungs Oscar für die Beste Nebendarstellerin, was beweist, dass ein koreanischer Film in koreanischer Sprache die scheinbar uneinnehmbare Barriere der elitären Mainstream-Kultur mit rein koreanischer Besetzung durchbrechen kann.

Authentische koreanische Geschichten
Minari erzählt nicht nur die Geschichte koreanischer Einwanderer, es ist vielmehr ein Werk, das auf den Kern der Vereinigten Staaten, einer aus Immigranten bestehenden Nation, verweist. Die Familie in Minari verlässt Korea in den wirtschaftlich und politisch turbulenten 1980er Jahren, um in den USA ein neues Leben zu beginnen. Der Vater und die Mutter werden als Charaktere beschrieben, die in dem fremden Land namens Amerika hart kämpfen, um aus dem Nichts eine eigene Existenz aufzubauen. Das Bild dieser Einwanderer unterscheidet sich völlig von dem der mit viel Komik und Humor dargestellten Koreaner in der kanadischen Sitcom Kim’s Convenience.

Das junge Ehepaar in Minari lässt sich in einem Dorf in Arkansas nieder, in dem nicht das geringste Interesse an einem Land namens „Korea“ besteht, ganz zu schweigen von Rassismus. In gewissem Sinne steht das junge Paar für Geist und Identität des Einwandererlandes USA an sich, d. h. das Bild eines Landes der Chancen und Möglichkeiten für alle mit Träumen und Hoffnung, Leidenschaft und jugendlicher Frische.

Der Erfolg von Minari im Jahr 2021 ist zum Teil auch Regisseur Bong Joon-hos Erfolg im Jahr zuvor zu verdanken. Sein Film Parasite stellte unter Beweis, dass die dynamischen und ausgeklügelten koreanischen Geschichten internationalen Ansprüchen gerecht werden können, indem er die Hürden der Filmfestspiele in Cannes und der Academy Awards überwand. Als ein Jahr später auch Minari die Schwelle der USA überschritt, wurde die koreanischen Geschichten immanente Stärke nicht mehr als reines Zufallsglück abgetan, sondern als Zeichen von Qualität anerkannt, was für weitere Aufmerksamkeit sorgte.

Das Interesse an Youn Yuh-jung und die positive Neugier auf koreanische Einwanderer, die von Minari angestoßen wurden, erreichten 2021 schließlich mit Squid Game, der erfolgreichsten und sensationellsten Serie auf dem Online-Streaming-Dienst Netflix, ihren Höhepunkt. Nur ein Jahr nach Regisseur Bong Joon-hos Appell an das englischsprachige Publikum, die zweieinhalb Zentimeter hohe Hürde der Untertitel zu überwinden, positionierte sich die von einem koreanischen Regisseur mit rein koreanischer Besetzung auf Koreanisch produzierte TV-Serie im Zentrum der Erzählindustrie der Welt.

Der Erfolg ist vor allem dem „authentisch Koreanischem“ von Squid Game zuzuschreiben. Als Land, in dem mehr als zehn Millionen der rund 50 Millionen starken Bevölkerung in der Metropolregion Seoul dicht an dicht leben, ist die Republik Korea äußert dynamisch und zugleich entsprechend konfliktreich. Vor dem Hintergrund der coronabedingten, weltweiten Isolation dürften die verschiedenen Begierden und Konflikte der Figuren um die gigantische Preissumme von 45,6 Milliarden Won (etwa 33.9 Millionen Euro) in der Serie die Zuschauer stark angesprochen haben. Die bizarren Kinderspiele, die im Laufe des Wettbewerbs eingeführt wurden, zogen ebenfalls große Aufmerksamkeit auf sich. Die koreanischen Inhalte, Geschichten und Narrative konnten mit kreativen und provokativen, die Zeitläufte treffenden Kommentaren auf sich aufmerksam machen.

 


Pachinko zeichnet die Träume und Hoffnungen von vier Generationen einer koreanischen Einwandererfamilie auf, die bemüht ist, sich in die japanische Gesellschaft zu integrieren. Hansu und Sunja unterhalten heimlich eine Beziehung, aber Sunja verlässt ihn, als sie herausfindet, dass er eine Familie hat.
ⓒApple TV+

Der Bogen von Sunjas Leben wird in Form eines Porträts der aufreibenden Arbeit und der Opfer nachgezeichnet, die koreanische Frauen unter der jahrzehntelangen japanischen Kolonialherrschaft erbringen mussten.
ⓒApple TV+

Streaming-Plattformen
Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Kontext die Veränderungen auf dem während der Corona-19-Pandemie rapide gewachsenen Markt der Online-Streaming-Plattformen. Netflix haben die koreanischen Geschichten und Narrative als treibende Kraft dazu verholfen, seinen Marktanteil auszubauen. Nun hat auf OTT-Plattformen die Suche nach wettbewerbsfähigen koreanischen Contents begonnen. Nicht von ungefähr hat Apple TV+ Lee Min-jins Roman Pachinko als TV-Serie adaptiert.

Interessanterweise ist Pachinko, mit dem Lee sich einen Namen als Autorin machte, keine autobiografische Geschichte als Einwanderin der 1,5. Generation, sondern thematisiert fiktionale Begebenheiten und die Geschichte Koreas vor rund 100 Jahren während der japanischen Kolonialherrschaft.

Die in Cannes ausgezeichneten Werke der Regisseure Park Chan-wook und Bong Joon-ho sowie die Serien Squid Game und Hellbound (2021), die die Aufmerksamkeit von Netflix erregten, sind Fiktionen, die vor zeitgenössischem Hintergrund spielen. In Pachinko und dessen Adaption für die Fernsehserie bei Apple TV+ geht es um das Korea und Japan zwischen den 1910er und 1980er Jahren, sprich die Zeitspanne, die die japanische Besatzung und die darauf folgende sensibelste Periode in den außenpolitischen Beziehungen beider Länder umfasst.

Durch die Verfilmung als Fernsehserie konnte Pachinko, das auch als Urlaubslektüre des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama Aufmerksamkeit gewann, sein Themenspektrum erweitern: Anstatt bloß die Geschichte der Zainichi, der Anfang des 20. Jh. in Japan lebenden koreanischen Einwanderer, nachzuzeichnen, wurden Grundlagen und Wurzeln des Lebens sowie Schmerz und Leid der Immigranten, die für ihre Existenz in der Diaspora hart kämpfen mussten, und der Wert der selbst inmitten dieser stürmischen Zeiten blühenden Liebe beleuchtet. Damit verbindet das Werk die Probleme der Einwanderer stärker mit der Gegenwart.Pachinko verdeutlicht anschaulich, dass „Heimat“ vielmehr ein Ort ist, an dem man sich niederlässt, um die eigene Zukunft sowie die der nachfolgenden Generationen auf den Weg zu bringen, als der Ort, an dem man geboren wurde.

Die koreanischen Migranten der 1,5. und 2. Generation sind souveräne Bürger des Landes, in dem sie leben. Zugleich sind sie diejenigen, die angesichts ihrer Herkunft und Geschichte den Emotionen und Wurzeln ihrer zurückgelassenen Heimat nicht entkommen können. Autoren, Regisseure und Produzenten mit koreanischem Migrationshintergrund porträtieren die komplexen und vielschichtigen Gefühle sowie die schwierige Geschichte aus der ihnen jeweils eigenen originären Perspektive und Sprache.

Die Stärke der koreanischen Narrative liegt letztendlich darin, dass sich in diesen konkreten Geschichten nicht nur unser zeitgenössisches Leben, sondern auch die universellen Sehnsüchte und das Leben aller Menschen deutlich widerspiegeln.

Der im nordkoreanischen Pjöngjang geborene Pastor Isak erkrankt auf dem Weg nach Japan, aber Sunja und ihre Mutter pflegen ihn wieder gesund. Nach der Trennung von Hansu heiratet Sunja Isak und zieht mit ihm nach Japan.
ⓒApple TV+

 

Kang Yu-jungFilmkritikerin, Professorin

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