Ein Meister der Herstellung traditioneller Fächer wird „Seonjajang“ genannt. Kim Dong-sik, der dieses Kunsthandwerk in Jeonju, Provinz Jeollabuk-do, bereits über 60 Jahre in der jetzt vierten Generation ausübt, wurde 2015 der Titel „Träger des Immatriellen Kulturguts“ im Bereich der Fächerherstellung verliehen.
Zu den Zeiten, als weder Ventilatoren noch Klimaanlagen existierten, waren Fächer im Sommer unentbehrliche Alltagsgegenstände. Neben der Winderzeugung dienten sie als Accessoire, das den gesellschaftlichen Status verriet, oder als Zeremonialgegenstand, den man bei Hochzeiten und Bestattungsritualen bei sich trug. Die Yangban-Adligen der Joseon-Zeit (1392-1910) zogen Faltfächer Rundfächern vor, wobei v. a. die Hapjukseon, Faltfächer mit zweilagigen Bambusrippen, beliebt waren. Sie genossen das kleine Kunststück, den Fächer geschickt mit einer schwungvollen Armbewegung geräuschvoll zu entfalten und sich frischen Wind zuzuwedeln, um ihn dann flugs wieder zusammenzuklappen und in den Ärmel ihres Dopo (traditioneller Mantel), der als Tasche diente, zurückzustecken. Mit Malereien verziert, trugen sie ihn als faltbares Kunstwerk bei sich, juckte der Rücken, diente er als Rückenkratzer, in Notsituationen als Waffe. Bei heimlichen Rendezvous war er zum Verbergen des Gesichtes unentbehrlich.
Je nach Form lassen sich die koreanischen Fächer in die starren runden Fächer Danseon und in die Faltfächer Hapjukseon unterteilen. Bei den runden Fächern strahlen die Rippen vom Griff als zentraler Achse radial aus, die Faltfächer werden je nach Rippenzahl, Material, Dekormotiv und Anhänger klassifiziert. Der mit Perlmuttintarsien, Metallverzierungen, Lackdekors und Jadekunst verzierte Hapjukseon war seit der Goryeo-Zeit (918-1392) ein repräsentatives Staatsgeschenk an die Gesandten anderer Länder.
Im Joseon-Reich wurde die Anzahl der Fächerrippen an den gesellschaftlichen Status des Nutzers gekoppelt: 50 Rippen für die Königsfamilie, 40 für die Adligen und weniger als 40 für den mittleren Stand und Gemeinbürger. Aus dem von Hong Seok-mo (1781-1857), einem Wissenschaftler der späten Joseon-Zeit, kompilierten Buch Dongguk Sesigi (Feste und Gebräuche im Jahreskreis des Östlichen Landes, 1849) geht hervor, dass der König die Fächer, die ihm anlässlich des Dano-Frühlingsfests (der fünfte Tag des fünften Monats nach Lunarkalendar) dargebracht wurden, an Hofbeamte und Diener verschenkte. Damals lagen Verwaltung und Aufsicht der Fächerproduktion in der Hand der Regierungsbehörde Seonjacheong, während die Verwaltung der Provinz Jeolla-do dafür zuständig war, die in den einzelnen Regionen hergestellten Fächer zu sammeln und dem König zu überbringen.
Akribischer Prozess
In seiner mit längeren und kürzeren Bambusrohrstücken gefüllten Werkstatt hält Kunsthandwerksmeister Kim Dong-sik einen dünnen Bambusstreifen hoch. „Für einen Hapjukseon klebt man zwei Bambusstreifen, die in dieser Dünne vom Außenteil der Bambusrinde abgeschnitten werden, mit der Haut nach außen übereinander. Anders als die chinesischen und japanischen Faltfächer, bei denen nur die weicheren Markteile des Bambus zum Einsatz kommen, sind die Hapjukseon so stabil, dass man sie so gut wie ewig benutzen kann. Darin liegt die Besonderheit koreanischer Faltfächer.“
Die Herstellung eines einzigen Hapjukseon verlangt 140 bis 150 Arbeitsschritte: Zuerst muss ein geeigneter Bambushalm gefunden werden. Bambus wächst bereits im ersten Jahr zu voller Höhe aus, danach reift er nur noch im Inneren heran und erst nach drei Jahren erreicht er die optimale Härte.
„Junger Bambus sieht zwar äußerlich schöner aus, ist aber im Inneren noch zu weich, um ihn verwenden zu können. Dreijährige Bäume sind am geeignetesten. Weil das Holz bei Feuchtigkeit leicht von Motten zerfressen wird, muss der Bambus-Jahresvorrat in den trockenen Wintermonaten Dezember und Januar angelegt werden. Für den Hausbau verwendet man ja auch im Winter abgeholzte Bäume.“
Ein Bambusrohr von makelloser Farbe wird auf die Länge der Fächerrippen abgestimmt zugeschnitten, anschließend werden die Halme fünf Tage in Wasser eingeweicht, wodurch die grüne Rinde den für die Fächerrippen typischen gelben Farbton annimmt. Die nachfolgenden Schritte sind entscheidend: Die Halme werden in kochendem Wasser eingeweicht, anschließend wird die Innenseite bis auf einen 0,3 bis 0,4 mm dünnen Streifenrest ausgedünnt. In diesem Prozess wird insgesamt etwa zwei Drittel des Bambusstreifens entfernt.
„Beim Herstellen von Hapjukseon ist das der schwierigste Teil. Die Streifen müssen so dünn sein, dass Licht durchdringen kann. Nur dann lässt sich der Fächer geschmeidig und elastisch falten und entfalten und der kühle Luftstrom mit minimalen Handbewegungen regulieren. Die Außenseite des Bambusschafts verfault nicht leicht und ist hart genug, um bei guter Pflege bis 500 Jahre überdauern zu können“, erklärt Kim.
Nach dem paarweisen Zusammenkleben werden die dünnen Streifen in Fächerform angeordnet und eine Woche lang getrocknet. Zur Erhöhung der Haltbarkeit wird Fischleim, gewonnen durch Kochen der getrockneten Schwimmblase des Umberfisches (Miichthys miiuy), und ein durch Kochen tierischer Knochen, Sehnen und Haut hergestellter Kleber im Verhältnis von jeweils 4:6 gemischt verwendet. Nur so können die Fächerrippen nachhaltig vor dem Zerfallen geschützt werden. Ist das Fächerskelett vollendet, brennt man mit einem erhitzten Eisen in die unteren Rippenteile Dekormotive wie Fledermäuse, Pflaumenblüten und Drachen ein, die den künstlerischen Wert des Fächers erhöhen.
Als Nächstes werden die Materialien für den Griff und die Seitenteile, für die meist das Holz von Jujuben, schwarzgestreiften Kakibäumen oder Birken zum Einsatz kommt, zugeschnitten und zurechtgeschliffen. Als Zier werden darauf dünne Bambusrindenstreifen oder ein Perlmuttintarsiendekor angebracht, der mit einer schwarzen oder roten Lackschicht versiegelt wird. Früher wurden auch Elfenbein, Rinderhorn oder Schildkrötenpanzer zum Dekorieren verwendet. Im nächsten Schritt wird das Skelett glattpoliert, der Leim gleichmäßig auf die Fächerrippen verteilt und das auf den Fächerumriss zugeschnittene, aus Maulbeerbaumrinde gewonnene traditionelle Hanji-Papier aufgeklebt. Zum Schluss wird zur Befestigung des Griffs ein dekorativer Stift aus Messing, Nickel oder Silber mit einem Metallring am Kopf gefertigt.
Bis in die 1950er Jahre soll der Herstellungsprozess in sechs Arbeitsbereiche aufgeteilt gewesen sein, die jeweils von verschiedenen Kunsthandwerkern übernommen wurden. Das war zu den Zeiten, als die Nachfrage nach Fächern noch hoch und entsprechend viel Handarbeit erforderlich war.
„Das Schneiden der Bambushalme in dünne Streifen ist der schwierigste Teil bei der Herstellung von Hapjukseon“, sagt Fächermachermeister Kim Dong-sik, der ein seit vier Generationen bestehendes Familienunternehmen führt.
Familienhandwerk mit längster Tradition
Nach dem Zusammenkleben der Bambusstreifen (auf koreanisch „Hapjuk“) werden die anschließenden Arbeitsschritte von der Formgestaltung bis hin zur Verzierung in einer separaten Werkstatt ausgeführt. Hier verbringt Meister Kim abgesehen von den Essenszeiten den ganzen Tag. Die an der Wand ordentlich angeordneten Eisenmesser, die Werkzeuge und die Werkbank, an der sich das Vergehen der Zeit ablesen lässt, sind beredte Zeugnisse der Expertise, die Kim in den letzten 60 Jahren ansammelte.
Auf die Messer weisend meint Kim: „Sie hatten mal breite Edelstahlklingen, aber nach 20 Jahren ständigen Gebrauchs und Abschmirgelns sind sie so schmal wie Sashimimesserklingen geworden. Diese Feile hat mein Großvater mütterlicherseits gefertigt und benutzt und mir hinterlassen.“
Ein verblichenes Schwarzweißfoto des Großvaters, das an der Wand zwischen Regal und Tür hängt, fällt mir ins Auge.
„Er soll ein so herausragender Meister seines Fachs gewesen sein, dass seine Fächer König Gojong (reg. 1863-1907) als Geschenk überreicht wurden. Zum Glück konnte ich schon als Kind das Handwerk von der Pike auf lernen und meinem Großvater beim Ausführen der einzelnen Herstellungsschritte – von grundlegenden bis hin zu spezialisierten Techniken – zuschauen.“
Meister Kims seit vier Generationen bestehender Familienbetrieb ist die älteste Hapjukseon-Werkstatt in Korea. Es begann mit seinem Urgroßvater mütterlicherseits, dem Rah Hak-cheon, der Großvater mütterlicherseits auf dem Schwarzweißfoto, danach Onkel Ra Tae-sun und schließlich Meister Kim folgte, der 1956 im Alter von 14 Jahren in den Beruf eingeführt wurde. Als ältestes Kind einer armen Familie mit acht Kindern musste er auf den Besuch einer weiterführenden Schule verzichten und lebte bei seinen Großeltern mütterlicherseits, wo er das Handwerk erlernte. Im Dorf der Großeltern, wo es viele Meister der Fächerherstellung gab, wuchsen zahlreiche der für das Kunsthandwerk unentbehrliche Bambus- und Maulbeerbäume.
„Früher waren Fächer unentbehrliche Alltagsgegenstände, weshalb ein geschickter Fächermacher von seinem Handwerk schon einigermaßen leben konnte. Zuerst machte ich nur Handlangerarbeiten und lernte durch Zuschauen. Ich hatte wohl geschickte Hände, deswegen konnte ich die Bambusstücke mühelos ordentlich zuschneiden. Als die älteren Verwandten darauf aufmerksam wurden, haben sie mir das Handwerk ernsthaft beigebracht. Ich war schnell im Begreifen und Anwenden, weshalb ich oft gelobt wurde, was meinen Lerneifer nur noch weiter anstachelte.“
Der entscheidende Unterschied, der den wahren Meister von einem bloß technisch Versierten abhebt, liegt wohl im Aufbruchsbewusstsein. „Wenn schon, denn schon“, sagte sich Kim. Er wollte die von seinem Großvater gelernte Herstellungsraffinesse tradieren, aber gleichzeitig Hapjukseon-Fächer in seinem eigenen, originären Stil schaffen. Gefaltet zeichnen sich seine Fächer durch weiche Handgriffigkeit aus, beim Entfalten zu einem Halbkreis ordnen sich die Rippen in perfekter Symmetrie an, was ihnen besondere Eleganz und würdevolle Vornehmheit verleiht.
Aber wegen finanzieller Schwierigkeiten hätte Kim einmal beinahe aufgeben müssen: Er brachte sich durch die Übernahme einer Bürgschaft an den Rand des Ruins, sodass kaum noch Geld für den Lebensunterhalt blieb, ganz zu schweigen für die Beschaffung von Fächermaterialien. Ein Freund lieh ihm bereitwillig Geld und sagte dabei etwas, was er sein Leben lang nicht vergessen wird: „Du bist ein geborener Fächermacher, also gib das Handwerk nie auf.“ Diese Worte prägten sich Kim tief ins Herz ein und spornten ihn an, niemals aufzugeben.
Kim Dae-sung, der Sohn des Künstlers, wurde 2029 zum „Approbierten Nachfolger“ ernannt und führt das Handwerk seines Vaters weiter, um die Tradition am Leben zu erhalten.
Träger des Immateriellen Kulturguts
Auch heute noch fertigt Kim seine Fächer in Handarbeit an. Sein Stolz darauf, hochwertige Produkte zu schaffen, motivierte ihn dazu, aber von seinen finanziellen Nöten konnte er sich nie ganz befreien.
„Da man heutzutage von der Fächerherstellung nicht leben leben kann, wollen die jungen Leute das Handwerk nicht lernen. Aber ich wollte die Tradition in meiner Generation nicht aussterben sehen, weshalb ich meinen Sohn wie beiläufig fragte, ob er kein Interesse hätte, obwohl er zu der Zeit eine andere Arbeit hatte. Zum Glück sagte er, dass er es versuchen wolle.“
Sein Sohn Kim Dae-sung, der seit 2007 in der fünften Generation denselben Weg geht, ist zwar ein Späteinsteiger, konnte sich aber schnell einarbeiten, weil er schon als Kind seinem Vater bei der Arbeit zugeschaut hatte. Meister Kim wachte über die Entwicklung seines Sohnes, der das Familienhandwerk fortsetzte. Dessen Hingabe ließ Kim schließlich einen Antrag auf Designation als „Träger des Immateriellen Kulturguts“ stellen. Drei Jahre lang trug er relevante historische Aufzeichnungen zusammen und systematisierte die einzelnen Herstellungsschritte. 2015 wurde Kim schließlich als erster zum Träger des Immateriellen Kulturguts im Bereich der Fächerherstellung ernannt, was auch den anderen noch verbliebenen Kunsthandwerkern der Fächerherstellung Ansporn gab. 2019 wurde Kims Sohn zum „Approbierten Nachfolger“ designiert.
Am Ende des Interviews grüßt uns ein junger Mann, der in einer Ecke der Werkstatt gerade mit dem Bambusschneiden fertig geworden ist. Es ist Meister Kims Enkel, der Sohn von Kim Dae-seong.
„Mein Enkel, der gerade mit seinem Studium begonnen hat, will sich in der Fächerherstellung versuchen und kommt zum Lernen hierher. Ich kann ihn weder dazu ermutigen noch ihm davon abraten.“
Lee Gi-sook freiberufliche Schriftstellerin
Fotos Lee Min-hee