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2022 WINTER

Gimbap: Eingerollte Erinnerungen

Das Alltägliche ist das Größte. Gimbap, eine mit vielfältigen Zutaten gefüllte, in ein getrocknetes Seetangblatt eingewickelte Reisrolle, ist eine überall erhältliche, leichte und nahrhafte Mahlzeit, in der Erinnerungen und Emotionen der Koreaner verschmolzen sind. In dieser Hinsicht ist Gimbap für die Koreaner wahrlich ein kleines, einzigartiges Universum.

Der bescheidene Gimbap weckt dank seiner von den koreanischen Müttern verwendeten unzähligen Kombinationen von Zutaten und Gewürzen warme Erinnerungen. In letzter Zeit ist Gimbap mit neuen „Premium-Variationen“ auf der kulinarischen Leiter ein Stück weiter nach oben geklettert.

Wie der Fall bei mexikanischen Taco (mit einer Mischung aus Fleisch und verschiedenen Gemüsesorten gefüllte Tortilla), amerikanischen California Rolls oder japanischen Norimaki, weisen Gerichte, bei denen eine aus landestypischen Zutaten bestehende Füllung in eine Rolle eingewickelt wird, zwar leichte Abweichungen in Form und Details auf, die Esskultur als solche ist jedoch universell.


Ungewisser Ursprung
Der genaue Ursprung von Gimbap ist nicht bekannt. Manche behaupten, dass Gimbap von der japanischen Norimaki abstammt, einer Rolle, bei der Reis, Rohfisch, Gurken, getrocknete Flaschenkürbisstreifen und eingelegter Rettich fest in ein Blatt getrockneten Seetang eingeschlagen werden, während andere argumentieren, dass Gimbap eine Version von Bokssam ist, der in der späten Joseon-Zeit (1392-1910) gegessen wurde.

Der Ursprung des Namens „Gimbap“ selbst ist ebenfalls ungewiss. Ein Kochrezept für „Chobap“, das in der Ausgabe der Tageszeitung Dong A Ilbo vom 29. März 1958 vorgestellt wurde, scheint mit Essig gewürzten Gimbap beschrieben zu haben. Dem Artikel nach soll gekochter Reis, der mit einer 2/3 Tasse Essig, 2 EL Zucker, 1 EL Salz und 1 EL Mononatriumglutamat (MSG) vermischt wurde, mit Zutaten wie Fisch, Pilz, Tofu, Spinat und Karotten in ein Seetang-Blatt eingewickelt worden sein. Später wurde im Rezept für Gimbap der Essig weggelassen.

Aber die Koreaner haben schon lange bevor Gimbap in seiner jetziger Form aufkam, in Seetang eingewickelten, gekochten Reis gegessen. Im 1849 verfassten Dongguk Sesigi (Feste und Gebräuche im Jahreskreis des Östlichen Landes) werden Gimssam und Bokssam erwähnt, zwei Speisen, für die Reis und Beilagen in ein Blatt Seetang oder Blattgemüse eingewickelt wurden. In dem Ende des 18. Jhs. veröffentlichten Kochbuch Siuijeonseo (Handbuch des richtigen Kochens) heißt es, dass man mit Öl bestrichene und mit Salz bestreute Seetang-Blätter aß. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Reis in Seetang eingewickelt wurde.

Die ersten Aufzeichnungen über Seetang an sich reichen noch weiter zurück: Aus den beiden im 15. Jh. verfassten Werken Gyeongsangdo Jiriji (Geografische Beschreibung der Provinz Gyeongsang-do) und Dongguk Yeoji Seungnam (Ein Überblick über die Geographie Koreas) geht hervor, dass Seetang jeweils in der Provinz Gyeongsang-do bzw. der Provinz Jeolla-do angebaut wurde, was auf den Verzehr von Seetang zu dieser Zeit hinweist.

Wie auch immer der historische Hintergrund von Gimbap gewesen sein mag: Man nimmt an, dass die Seetang-Zucht in Korea ihre Wurzeln hat. Nach einer mündlichen Überlieferung soll eine alte Frau in Hadong, Provinz Gyeongsangnam-do, vor etwa 300 Jahren beim Muschelsammeln im Fluss Seomjin-gang ein Stück mit Algen bedecktes Treibholz aufgefangen haben. Als sie die Algen kostete, soll ihr der Geschmack so sehr gefallen haben, dass sie diese Algen an Bambusstangen befestigte und im Meerwasser züchtete. Dies soll der Beginn des Seetang-Anbaus in Korea sein.

Fischer in der Küstenstadt Tongyeong (alter Name: Chungmu) brauchten Nahrungsmittel, die auf hoher See nicht so leicht verderben. Die Lösung war Chungmu-Gimbap: einfache Reisrollen mit Rettich-Gimchi und gewürztem Baby-Tintenfisch als Beilagen. Nach 1950 entwickelte sich Chungmu-Gimbap zu einem koreatypischen Gericht.
© gettyimagesKOREA

Chungmu-Gimbap aus Tongyeong
Nach 1950 entwickelten sich allmählich originär koreanische Gimbap-Versionen. Da zu der Zeit der Verzehr von Rohfisch noch kaum verbreitet war, verwendete man haushaltsübliche Gemüse und andere Zutaten als Füllung. Je nach Geschmacksvorliebe wurde die Essigmenge reduziert und der Reis nur mit Sesamöl und Salz gewürzt, gelegentlich fügte man für eine aromatischere Geschmacksnote Sesamsalz (geröstete, gemahlene Sesamkörner) hinzu. Kim Yun-yeol, dessen Mutter in den späten 1940er Jahren im Viertel Dalseo-dong in der Stadt Daegu Gimbap verkaufte, erinnert sich: „Meine Mutter würzte den Reis mit ein wenig Essig, Zucker und Sesamöl und verkaufte ihn als Gimchobap (mit Essig gewürzter, in Seetang eingewickelter Reis). Aus heutiger Sicht schmeckte er ähnlich wie das japanische Maki-Sushi (Rollen-Sushi). Als meine Mutter nach dem Koreakrieg wieder einen Gimbap-Laden eröffnete, ließ sie den Essig weg und mischte Zucker, Salz und Sesamöl unter den Reis. Und sie ersetzte das rot gefärbte, eingelegte japanische Gemüse durch Karotten, eingelegten Rettich und Eier.“

Auch Chungmu-Gimbap, eine Spezialität von Tongyeong, Provinz Gyeongsangnam-do, darf nicht unerwähnt bleiben. „Chungmu“ war der alte Name der Küstenstadt Tongyeong. Eine Theorie besagt, dass ein Fischer nach der Befreiung des Landes von der japanischen Kolonialherrschaft (1910-1945) auf seinem Schiff Rettich-Kimchi und gedämpften, scharf gewürzten Baby-Tintenfisch zusammen mit in ein Seetang-Blatt gewickeltem Reis gegessen habe. Die Füllung wurde möglichst einfach gehalten und weder Reis noch Seetang sollen gewürzt gewesen sein, um zu verhindern, dass sie während der langen Zeit auf See verdarben. Der scharf-saure Rettich-Kimchi und der gedämpfte, gewürzte Baby-Tintenfisch dienten als Beilagen. Als Chungmu-Gimbap an Beliebtheit gewann, entstanden vielfältige Varianten: Einige Haushalte verwendeten in Scheiben geschnittenen Rettich statt Rettich-Kimchi oder anstelle von gewürztem Baby-Tintenfisch scharf gewürzten Tintenfisch oder Eomuk (Fischkuchen), wodurch Chungmu-Gimbap sich zu einer einzigartigen kulinarischen Spezialität entwickelte.

Die gängigste Gimbap-Variante besteht aus mit Sesamöl und Salz gewürztem Reis, der zusammen mit eingelegtem Rettich, Eier streifen, Karotten, Klettenwurzeln, Dosenschinken und Spinat zu einer Rolle verarbeitet wird.
© Shutterstock

Gimbap à la Mama schmeckt am besten
Gimbap des 21. Jhs. hat mittlerweile einen festen Platz als rein koreanisches Nahrungsmittel. Die typischste Variante ist heute Gimbap, für den gedämpfter, mit Sesamöl, Salz und Sesamsalz gewürzter Reis auf ein Blatt getrocknetem Seetang verteilt, mit einer Vielzahl von Zutaten wie eingelegtem Rettich, feinen Eierstreifen, Karotten, Klettenwurzel, Schinken, Spinat und Gurke belegt und dann zu einer Rolle gedreht wird. So der Allgemeinstandard. Aber die Zutaten variieren von Haushalt zu Haushalt je nach Geschmacksvorlieben und Nahrungsmittelvorrat im Kühlschrank. Gimbap steht für Lunchbox, Schulausflüge oder Fahrten in Grüne, sodass man bei „Picknick“ sofort an Gimbap denkt, zubereitet von Müttern, deren Kochkunst intuitiv in den Geschmack des von ihnen gemachten Gimbap einfließt. Daher scherzt man, dass es so viele verschiedene Gimbap-Geschmacksrichtungen wie Mütter im Land gibt. Beim Anblick von Gimbap kramen die Koreaner daher Geschichten aus längst vergessenen Tagen hervor und lassen sehnsuchtsvoll ihre Gedanken in die Vergangenheit schweifen. Denn jeder hat seine ganz eigenen Erinnerungen.
Gimbap: grenzenlose Diversifizierung
Die Kommerzialisierung des Gimbap begann in Incheon, als Gimbap Cheonguk (wörtlich Gimbap-Himmel) 1995 eröffnete. Dieses preiswerte Restaurant, das Imbisse und koreanische Gerichte anbot, entwickelte sich innerhalb von fünf Jahren zu einem landesweiten Franchise-Unternehmen. Das damals verkaufte „1.000-Won-Gimbap“ (1.000 Won: ca. 0,73 Euro) war preiswert, aber großzügig gefüllt, was es zum perfekten Frühstück für eilige Büroangestellte machte. Zu dieser Zeit etablierte sich Gimbap als fester Bestandteil der Speisekarte.

Seitdem sind viele Gimbap-Variationen aufgekommen. In Kombination mit ungewöhnlichen Zutaten wie Jeyuk Bokkeum (pfannengerührtes Schweinefleisch), Bulgogi (in dünne Scheiben geschnittenes, mariniertes Rindfleisch), Schweineschnitzel, gebratenen Sardellen, Dosenthunfisch mit Mayonnaise, frittierten Garnelen und gedämpftem, scharf gewürztem Tintenfisch wurden originelle Gimbap-Sorten angeboten, was eine Zeitlang für einen „Luxus-Gimbap-Hype“ auf dem koreanischen Markt sorgte. Angesichts der zunehmenden Zahl von gesundheitsbewussten Menschen und Veganern, die Fleisch meiden, werden von einigen Restaurants als Füllzutaten Hühnerbrust oder andere proteinhaltige Zutaten sowie gesunde Gemüse wie geschmorte Bergdisteln oder Rettichblätter, eingelegtes Gemüse und Karotten verwendet.

Ein genauer Blick auf einige der alten lokalen Gimbap-Restaurants, die durch Mundpropaganda landesweit berühmt wurden, offenbart unterschiedlichste Zutaten je nach Region. Das Restaurant Oseonmo Yennal Gimbap in der Stadt Jeonju, Provinz Jeollabuk-do, ist für seine Gimbap-Variante mit Karotten-Füllung berühmt, während der Renner des Restaurants Gyori Gimbap in Gyeongju, Provinz Gyeongsangbuk-do, ein Gimbap ist, bei dem fein geschnittene Eierstreifen 90 Prozent der Zutaten ausmachen. Oworui Gimbap (wörtlich: Gimbap des Mai) an der U-Bahn-Station Nakseongdae in Seoul verkauft überdimensional große, ebenfalls zu mehr als 90 Prozent mit Eierstreifen gefüllte Gimbap-Rollen. Dongwon Bunsik in Busan ist ein hauptsächlich den Einheimischen bekanntes Gimbap-Restaurant. Gefüllt mit dicken Eierrollen-Scheiben (koreanische Beilage aus pfannengebratener Eimasse vermischt mit verschiedenen Gemüsen) und würzigen Tintenfischstreifen (dünne Streifen aus halbgetrocknetem Tintenfisch, gewürzt mit roter Chilipaste) ist auch dieses Gimbap eine Delikatesse. Auf der Insel Jeju-do gibt es Lokale, die Gimbap gefüllt mit einem ganzen Makrelenhecht anbieten. Trotz des etwas bizarren Aussehens passt der würzige Geschmack des braun gegrillten Makrelenhechts gut zum Reis und sorgt für eine Geschmacksnote der ganz eigenen Art. Gimbap mit einer Füllung aus gegrilltem Schweinebauch, einem beliebten koreanischen Grillfleisch, ist ebenfalls ein Renner.

Gimbap, dieses von Erinnerungen durchtränkte Essen, dürfte dank seiner vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten ein offenes Ende haben. Inländische Gastronomiekritiker und Kenner sind überzeugt, dass Gimbap als „K-Food“ einen weltweiten Hype auslösen wird.
Hwang Hae-wonChefredakteurin, Journal of Foodservice Management
Illustrationen Choi Su-jin

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