메인메뉴 바로가기본문으로 바로가기

null > 상세화면

2016 WINTER

Wiederbelebung alter Stoffherstellungskunst

Mitte des 18. Jhs untersagte ein König des Joseon-Reichs (1392-1910) die Herstellung von Goldbrokat-Seidenstoffen, um das Luxusstreben der Oberschicht einzudämmen. Die Mitglieder der Adels- und Königsfamilie, die es für ihre Hof- und Zeremonialgewänder weiterhin nach solch kostbaren Stoffen verlangte, importierten diese fortan aus Qing-China, sodass die über tausend Jahre alten Seidenbrokat-Webtechniken fast völlig in Vergessenheit gerieten. Doch Sim Yeon-ok, Professorin an der Korea National University of Cultural Heritage in Buyeo, ist es im Zuge jahrzehntelanger akribischer Recherchen und Experimente gelungen, die im Dunkel der Geschichte verschwundenen Webtechniken wiederzubeleben.

Professorin Sim Yeon-ok von der Abteilung für TraditionelleKunst und Handwerk an der Korea NationalUniversity of Cultural Heritage demonstriert dasWeben eines reich gemusterten Goldbrokatstoffs aneinem von ihr rekonstruierten Webstuhl des 16. Jhs.Ihre Mitarbeiter im Forschungsinstitut für Restaurierungtraditioneller Textilien wechseln sich beimWeben mit ihr ab.

Bis wohin reichen unsere Kenntnisse über die Vergangenheit? Als ich in einem Artikel las, dass 'das Geheimnis der alten Methode zur Herstellung von Goldfäden endlich gelüftet“ sei, musste ich wieder über die 'Stoffe der Vergangenheit“ nachdenken. Haben wir bislang von den goldenen Mustern traditioneller Kleidungsstücke gesprochen, ohne etwas über die Goldfadenherstellung zu wissen? Bis wohin erstreckt sich denn überhaupt die Vergangenheit der sog. Kulturgüter?

Das Geheimnis der Goldfäden entwirren

'In jüngster Zeit werden historische Kleidungsstücke der Jo­­seon-Zeit in großen Mengen repliziert. Wir Koreaner sind recht gut darin, historische Kleidung zu replizieren, und zwar bis hin zu den jeweiligen Nähtechniken einer Zeit. Das Problem ist das Material. Kleidungsstücke aus den Reichen Baekje (18 v. Chr.-660 n. Chr.), Goryeo (918-1392) und Joseon werden nämlich mit Stoffen vom Dongdaemun-Stoffmarkt gefertigt. Das ist nur eine halbe Replikation.“ Pofessorin Sim Yeon-ok, die davor sanft und locker über ihren Alltag geplaudert hatte, spricht jetzt in entschlossenem und angespannten Ton.

Goldfäden werden nach alter Weise in akribischerFeinstarbeit hergestellt, indem polierte Goldblätterauf Maulbeerbaum-Papier geklebt und in dünneStreifen geschnitten werden.

In anderen Ländern bildet gewöhnlich die Wiederherstellung des Materials die Grundlage von Restaurierung und Replikation historischer Kleidungsstücke. Die Wiedergabe der Form folgt erst danach, doch das war in Korea in den meisten Fällen nicht machbar. 'Was Seidenbrokatstoffe mit eingewebten Mustern betrifft, so ist die Tradition der Herstellung mittels einer handbetriebenen Musterungsvorrichtung schon seit langem unterbrochen. Als der Joseon-König Yeongjo 1733 per Dekret die Herstellung von Seidenbrokatstoffen untersagte, ging auch die Handwerkskunst verloren. Die Zeit verging und im 20. Jh. wurde alles automatisiert. Geblieben sind nur automatisierte Webmaschinen, deren Leistungsstärke in Produktionsmenge pro Minute ausgedrückt wird. Damit kann man aber nur Stoffe herstellen, die zweidimensional-platt sind und ohne jede dreidimensionale Wirkung.“

Sim analysierte alte und neue Schriften und Materialien wie die Illustration einer Musterungsvorrichtung in der Enzyklopädie Imwon Gyeongjeji (Sechzehn Abhandlungen über die Landwirtschaft) des Gelehrten Seo Yu-gu (1764-1845), in der praktische Techniken der Joseon-Zeit zusammengetragen sind, und untersuchte bis heute erhaltene Musterungsvorrichtungen in China. Auf dieser Grundlage ließ sie zunächst einen 6 m langen und 4 m hohen hölzernen Webstuhl anfertigen. Erst dann wandte sie sich den Goldbrokatmustern zu, die einst den Roben der Königs- und Adelsfamilien Pracht verliehen hatten. Sie begann mit der Erforschung der Goldfäden, des Materials, das den Mustern Pracht und Glanz verlieh. Zunächst galt es, das Geheimnis der Herstellung der Goldfäden zu entschlüsseln. Mit Hilfe ihrer Assistenten nahm Sim 111 Schriften aus dem In- und Ausland sowie 68 Relikte aus Korea, China und Japan unter die Lupe. Dabei machte sie eine überraschende Entdeckung: Bei den Goldfäden handelte es sich nicht um gesponnenes Gold, sondern um feine Blattgoldfäden. Dafür wurden dünne, polierte Goldblätter auf traditionelles Papier aufgeklebt und anschließend in feinste Streifen geschnitten.

'Die wissenschaftliche Analyse von Goldfäden der Goryeo-Zeit ergab, dass sie Komponenten des traditionellen koreanischen Papiers aus Maulbeerbaumrinde (Broussonetia kazinoki) enthielten.

Es war das gleiche Papier wie das der buddhistischen Sutra, mit der zusammen die Stoffrelikteausgegraben wurden. Daraus war zu schließen, dass die Goldfäden in Korea hergestellt und in Stoffe eingewebt wurden. In zentral- und westasiatischen Regionen wurde statt Papier Leder verwendet, das noch dünner als Papier geklopft werden kann. Und in Regionen, in denen Leder schwer erhältlich war, nutzte man Tierdarm. Papier verwendeten Japan und China, allerdings wurde es aus jeweils unterschiedlichen Pflanzenarten hergestellt: in Japan aus Gampi, einer einheimischen Pflanze der Familie Wikstroemia, und in China aus weißen Maulbeerbäumen (Morus alba) oder Bambus. Damit wurden die bis dahin bestehenden Unklarheiten beseitigt.“

Sim gab sich mit der theoretischen Aufklärung nicht zufrieden: Sie wollte die Goldfäden mit eigenen Augen sehen und mit ihrem nachgebauten Webstuhl verweben. Der Prozess des Reproduzierens glich dem Versuch, den richtigen Weg durch wildfremdes Terrain zu finden: Es galt herauszufinden, wie die optimale Papierqualität für die Fadenherstellung beschaffen sein sollte, wie die ideale Leimkonzentration auszusehen hatte, und wie lange und unter welchen Bedingungen Blattgold und Papier am optimalsten zusammenzukleben waren.

Am schwierigsten zu kontrollieren war jedoch das Schneiden. Sim musste sich mit Leib und Seele in die akribische Arbeit versenken, das Blattgold-beschichtete Papier in Streifen von ca. 0,3 mm Breite zu schneiden. Um diese Feinstarbeit fehlerfrei durchzuführen und durchzustehen, musste das Messer ständig geschärft werden und gleichzeitig auch die eigenen Sinne und die Konzentration. Das Verweben der auf diese Weise hart gewonnenen Goldfäden war ein weiterer ständiger Kampf, da die Fäden schon bei der kleinsten Unachtsamkeit gnadenlos rissen. Schließlich gelang es ihr, drei Arten von Goldbrokatstoffen mit eingewebten Mustern herzustellen - einen nach Vorbildern aus der Goryeo-Zeit und zwei nach Jo­­seon-Art - und so Licht in den bis dahin dunklen Teil der alten Handwerkskunst zu bringen.

Momente der Entdeckung

Doch diese Leistung tut sie damit ab, dass es nichts weiter als ein 'kleiner Erfolg in der Replizierung traditioneller Stoffe“ gewesen sei. Als Autorin von 5.000 Jahre koreanische Textilien (2002), eines umfassenden, reich illustrierten Buchs, das die Geschichte der koreanischen Textilien aus herstellungstechnischer Perspektive systematisch geordnet darstellt, spricht Sim anschließend über Restaurierung im breiteren Sinne. Die Textilrestaurierung gleicht einer Arbeit, bei der man anhand von nur wenigen Puzzleteilen das große Gesamtbild vervollständigen muss. Da Stoffe, die lange Zeit in der Erde vergraben lagen, notwendigerweise mehr oder weniger stark zerfallen sind, muss sie immer bei kleinen Stofffetzen ansetzen. Die Restaurierung alter Herstellungstechniken bedeutet, die einzelnen Charakteristika und Bestandteile der Stoffüberreste eingehend zu analysieren, um ein vollständiges Stoffmuster zu replizieren, und dann das nur bruchstückhaft erhaltene Brokatmuster anhand von historischen Beschreibungen in seiner ursprünglichen Form zu restaurieren, so Sim.

Park Gi-chan vom Forschungsinstitut für Restaurierung traditioneller Textilienwebt Goldmuster in Seidenstoff ein.

Im Falle der Stoffreste, die bei der Zerlegung der im 8. Jh. errichteten Steinpagode Seokgatap im Tempel Bulguk-sa gefunden wurden, ging sie genauso vor: 'Das Gewebe war zu einem hohen Grad beschädigt. Das Muster war überhaupt nicht mehr zu erkennen, die Fäden waren wirr zerrissen. So haben wir jeden einzelnen verwebten Faden gezählt. Drei Monate lang haben wir Zehntausende von Fäden gezählt. Schließlich haben wir auf diese Weise das ursprüngliche Muster herausgefunden und konnten die eigentliche Form des Materials wiederherstellen: Es war ein mit fortgeschrittener Technik gewebtes fünffarbiges (violett, grün, gelb, gelbbraun, Lapislazuli blau) Beutelchen. Im Hinblick darauf, dass keine Stoffproben aus der Zeit des Vereinigten Silla-Reichs (676-935) erhalten sind, war es eine Restaurierung von Bedeutung.“

Sim erzählt auch von anderen Momenten der Entdeckung:Z. B., als bei einem wie Blattgold aussehenden Fragment geringe Papierbestandteile festgestellt wurden und man mutmaßte, dass es Teil eines Goldfadens sein könnte. Oder als sich ein Fetzen Stoff mit originär versponnenen Fasern als Baumwollstoff aus der Baekje-Zeit erwies und dadurch bewiesen wurde, dass Baumwolle nicht erst, wie bis dahin angenommen, im 14. Jh. nach Korea gekommen war, sondern bereits über 700 Jahre früher kultiviert wurde. Sim erinnert sich an eine weitere Entdeckung: 'Ich stieß auf ein Stoffstück, von dem ich glaubte, dass es mal ein Norigae-Schmuckknotenanhänger gewesen sein müsse. Und siehe da: Es bestand aus 15 oder mehr unterschiedlichen Stoffen mit eingewebten Goldfadenmustern, die Stück für Stück aneinandergesetzt worden waren, wobei man verschiedene Techniken wie Blattvergoldung und Stickerei angewandt hatte. Es war so schön, dass ich es immer und immer wieder anschauen musste.“

Ihre Geschichten über Textilien sind detailliert und reich. 'Die Seide ist ein Stoff, der direkt unverschämt gut mit anderen Materialien harmonisiert, aber zugleich genau weiß, wie er seine Pracht effektiv unterstreichen kann. Seide ist exzellent im Sich-Verwandeln. Mosi (Ramie) wiederum ist ein so reiner, delikater Stoff, dass man ihn nicht berühren sollte. Man sagt ja, dass die Blätter des grünen Tees bei der letzten Röstung so behutsam umgerührt werden sollten, wie man Mosi wäscht. Mosi ist überaus delikat, weshalb man seiner natürlichen Beschaffenheit als solcher Ausdruck verleihen muss. Baumwollstoff sieht zwar schlicht, pur und naiv aus, kann jedoch das meiste Kopfzerbrechen bereiten. Da die Fasern aus wolligen Samenhaaren gewonnen werden, reißen sie nämlich vor dem Spinnen leicht.“

Stoffe im modernen Alltagsleben

Laut Sim sollen heute in Korea über 500 traditionelle Stoffarten produziert werden. Trotzdem haben wir in unserem Alltag kaum die Gelegenheit, all diese Stoffe zu sehen oder zu berühren, und das, obwohl wir unseren Tag mit Stoff bedeckt beginnen und beenden. Im Hinblick darauf äußert Sim sich zunächst zu den sog. Kkaekki-Hanbok (traditionelle Hanbok-Tracht, hergestellt mit der traditionellen Nähmethode 'kkaekki“, bei der eine Naht mit einem Doppelstich zwei bis drei Mal sorgfältig bearbeitet wird), die heute in Form von Ganzjahreskleidung angeboten werden: 'Die heutigen Ganzjahres-Kaekki-Hanbok bedeuten den Ruin für die traditionellen koreanischen Textilien. Früher wurden je nach Jahreszeit unterschiedliche Hanbok-Stoffe verwendet. Es gab einen speziellen Stoff für heute und einen anderen für morgen, wenn es etwas kühler wurde. Im Hochsommer trug man Hanbok aus Mosi (Ramie) oder Eunjosa (dünner, steifer, fast glanzloser Seidenstoff für Sommer-Hanbok). Wurde es leicht kühler, kleidete man sich in Saenggosa (leichte, durchsichtige Rohseide). Nach dem Erntedankfest Chuseok war Sukgosa angesagt (Stoff aus entbasteter Seide, weicher als Saenggosa und ideal für Frühling oder Herbst). Anschließend wurden Hanbok aus Hangna (Gaze aus Rohseide, geeignet für Frühlings- oder Herbstbeginn) getragen, die bei niedrigeren Temperaturen mit Baumwolle wattiert wurden. Es folgten Hanbok aus Baumwollstoff, die man das ganze Jahr über trug, und etwas später Hanbok aus Neung (Twill-Damast). Mit Anbruch der Moderne wurden Hanbok auch aus Brokatstoffen gefertigt. Es gab unzählige Arten von Stoffen, in die man sich der jahreszeitlichen Witterung entsprechend kleidete.“

Bevor die Heizung im Alltagsleben Einzug hielt, konnten die körperlich wahrgenommenen Veränderungen der Jahreszeiten nur mit Kleidung überwunden werden. Entsprechend wurden die Kleiderstoffe fein säuberlich kategorisiert. Die Kleidung von heute, deren Ausdruckskraft stärker im Design als im Stoff liegt, kommt vielleicht ohne diesen Variantenreichtum aus.

Sim sagt, dass sie von dem Tag träume, an dem sie über Stoffe mit Blick auf deren Wert an sich sprechen könne. Sie hofft, dass die Subtilität, mit der die alten Koreaner feinste Stoffe webten, auch in der Moderne noch von Nutzen ist, und dass die originäre Ästhetik und der Charme der einzelnen Stoffe wiederentdeckt werden und unseren Alltag bereichern. Traditionelle Stoffe seien eine Schatzkammer der Ideen für die modernen Kunst. Am Ende ihrer Geschichte über Stoffe steht in diesem Sinne das Leben.

Prächtige Goldbrokatstoffe ergeben elegante und glanzvolle Kleidungsstücke fürzeremonielle Anlässe.

Meister und Lehrling

'Stoffe sind für mich etwas, was einen Menschen zum Menschen macht. Ich frage mich immer, warum von den drei Lebensnotwendigkeiten - Kleidung, Nahrung und Dach über dem Kopf - [im Koreanischen] immer als erstes Kleidung genannt wird, obwohl Essen und ein Platz zum Schlafen nicht weniger überlebenswichtig sind. Es ist wohl, weil Kleidung bzw. Stoffe es sind, die unserer Identität Ausdruck verleihen“, so antwortet Geum Da-un, eine von Sims Assistentinnen, auf meine Frage, was Stoffe für sie bedeuteten.

Professorin Sim, die wiederholt betont, dass es 'ihren Assistenten zu verdanken ist, dass sämtliche Arbeiten im Institut für Restaurierung Traditioneller Textilien in Angriff genommen, vorangetrieben und beendet werden können“, hält bei Geums Antwort beim Teemachen inne. Um das eingetretene Schweigen zu überbrücken, frage ich Geum, in welchem Punkt sie ihrer Professorin am stärksten nacheifern möchte. Die Antwort geht über meine Frage hinaus: 'Es ist nicht so, dass ich Professorin Sim deshalb respektiere, weil sie in dieser Hinsicht vorbildhaft oder in jener Hinsicht großartig ist. Ich möchte meine Beziehung zu ihr eher mit der natürlichen Bindung, die zwischen Eltern und Neugeborenem zustande kommt, vergleichen. Dasselbe gilt für meine jetzigen Studien: Ich fühle mich so bequem und natürlich darin wie in den Kleidern, die ich gerade trage.“

Still blickt Sim auf ihre Assistentin, das Gesicht ruhig, als ob sie nur dem natürlichen Fluss der Dinge folge. Die Miene der Professorin, die bei der Thematisierung ihrer eigenen Erfolge nie ihre Mentorin Min Gil-ja (1933-1999), die die Erforschung der traditionellen koreanischen Textilien auf den Weg gebracht hat, unerwähnt lässt, verrät Nachdenklichkeit. Was ihr wohl gerade durch den Sinn gehen mag? Vielleicht dieser Rat ihrer Mentorin: 'Es ist wichtig, ein menschliches Leben zu leben. Werfe dein Leben nicht um der Wissenschaft willen weg, denn nur weil du bist, kannst du dich der Wissenschaft widmen.“ Oder ob sie sich an die letzten Momente ihrer Mentorin zurückerinnert, als diese ihr viele ihrer zerlesenen Bücher mit den Worten überließ: 'Ich war dir dankbar, dass es dich nichtnach diesen Büchern verlangt hat, sondern dass du mit deinen eigenen Augen selbst alles in Erfahrung gebracht hast.“ Ohne weiter nachzufragen, verließ ich diesen mit Geschichten von Lehrern und Schülern überquellenden Ort, einen Ort, an dem durch 'Stoffe und Mensch“ sicherlich noch vieles zum Blühen und Gedeihen gebracht werden wird.

Kang Shin-jaeFreiberuflicher Autor
FotosAhn Hong-beom

전체메뉴

전체메뉴 닫기