메인메뉴 바로가기본문으로 바로가기

2021 WINTER

Jenseits von Vorurteilen und Diskriminierung

Der von Hochschulstudenten moderierte Podcast Sabujak versteht sich als Brücke zwischen den Bürgern aus Nordund Südkorea. Eine Besonderheit des Radiopodcasts ist, dass die Anonymität der Teilnehmer gewahrt bleibt, was die Hemmschwelle der nordkoreanischen Flüchtlinge senkt und es ihnen erleichtert, in ehrlichen Gesprächen auf die südkoreanische Gesellschaft zuzugehen.

"Um ehrlich zu sein: Ich komme aus Nordkorea."

Das zu sagen, erfordert viel Mut von einem im Süden ansässig gewordenen nordkoreanischen Flüchtling, denn in der südkoreanischen Gesellschaft herrschen immer noch Vorurteile und Diskriminierung. Nach einem 2019 von der National Human Rights Commission of Korea veröffentlichten Bericht zur Verbesserung der Schutzmaßnahmen für nordkoreanische Flüchtlinge gaben 80% der Befragten an, dass sie Distanzierung oder Diskriminierung von Südkoreanern erfahren haben, als ihre Identität als nordkoreanischer Flüchtling bekannt wurde.

Sabujak ist ein Radiopodcast, der vor drei Jahren von südkoreanischen Universitätsstudenten ins Leben gerufen wurde, um solche Vorurteile und Diskriminierung zu bekämpfen. Der ungewöhnliche Sendetitel ist eine Abkürzung für „freundliches, leichtes Geplaudere mit nordkoreanischen Freunden“.

tales1.jpg

Die meisten Gäste bei Sabujak bevorzugen Anonymität. Aber einige sind auch einverstanden, unter ihrem echten Namen aufzutreten oder ihr Gesicht zu zeigen. Park Ye-yong, Vorsitzende der Unified Korea Cooperative, erschien in drei Teilen eines vom 11. bis 13. Oktober 2021 ausgestrahlten Programms unter ihrem Spitznamen „Gimchaek Teolgae (Haarkrabbe aus Gimchaek)“. Von links: Sabujak-Mitarbeiterinnen Park Se-ah und Ahn Hye-soo sowie Park Ye-young.
© Sabujak

INTERESSANTE SPITZNAMEN
Eingeladen werden Gäste nordkoreanischer Herkunft, die über das Leben von Flüchtlingen aus dem Norden „unverblümt und schlicht“ erzählen sollen. Hauptziel ist dabei, durch ehrliche Gespräche Vorurteile gegenüber nordkoreanischen Flüchtlingen zu beseitigen und die psychische Distanz zwischen Nord- und Südkoreanern zu verringern. Die Studenten streben eine Gesellschaft an, in der die Reaktion auf den Satz „Ich komme aus Nordkorea“ z. B. einfach „Aja? Ich komme aus Daegu.“ lautet und der Unterschied als selbstverständlich akzeptiert wird.

Den Teilnehmern, die aus Sorge um ihre Familie im Norden das Medienrampenlicht meiden, werden Spitznamen gegeben, wie z. B. „Gyeongseong Songi-Beoseot (Königsausternpilz aus Gyeongseong)“ oder „Hyesan Gamja-Bap (Kartoffelreis aus Hyesan)“. Der erste Spitzname kommt daher, dass jemand aus Gyeongseong in der nordkoreanischen Provinz Hamgyeongbuk-do die Pilze aus der dortigen Heimat vermisst, der zweite beruht darauf, dass jemand aus Hyesan in der Provinz Ryanggang-do gerne Kartoffelreis isst. Die Moderatoren nutzen ebenfalls Spitznamen wie „Busan Dwaeji-Gukbap (Schweinefleischsuppe mit Reis aus Busan)“. Das Konzept ermöglicht es den Gästen, ihren Heimatort auf diese Weise bekanntzugeben und offener zu sprechen.

Diese Rücksichtnahme macht es einfacher, Teilnehmer zu gewinnen. Denn vor dem Auftritt scheuen sich die meisten Nordkoreaner, ihren Heimatort zu verraten, aber im Laufe des Gesprächs fühlen sie sich bei den Erinnerungen an ihre Heimat glücklich. Für manchen ist der Bildschirm-Auftritt Motivation, sich selbstbewusster im Süden zu geben und offener über seinen Hintergrund zu sprechen.

„Die Gäste sagen mir nach der Aufnahme: ‚Bis jetzt war ich bemüht, die Erinnerungen an Nordkorea zu vergessen und zu leugnen, aber durch das Gespräch heute habe ich besser gelernt, das Ich von damals zu akzeptieren.‘ Ich freue ich mich darüber, dass unsere Sendung einen positiven Einfluss hat, auch wenn er klein ist“, sagt Park Sea, die im dritten Jahr in der Abteilung für Erziehungswissenschaften an der Yonsei Universität studiert. Dank ihrer während der Oberschulzeit gemachten Erfahrungen mit der Betreuung nordkoreanischer Flüchtlinge entwickelte sie Interesse an der Thematik und bewarb sich später für die Sendung.

Ein weiteres Ziel der Sendung ist, die persönliche Geschichte festzuhalten. Die meisten Gäste sind gewöhnliche Leute. Der Podcast will die Geschichten von Menschen aufzeichnen, die nie die Gelegenheit hatten, im Rampenlicht der Gesellschaft zu stehen. Außerdem will er bewusst machen, dass die Mitglieder der nordkoreanischen Gesellschaft Menschen wie du und ich sind, die ganz gewöhnlich ihren Alltagsgeschäften nachgehen. Politische und religiöse Fragen werden zwar als Gesprächsthemen ausgeschlossen, können aber hin und wieder auf besonderen Wunsch eines Gastes angesprochen werden.

DIE ANFÄNGE
Der Podcast wurde 2018 von Park Byeong-seon gestartet, der damals Student an der School of Business der Yonsei University war. Derzeit macht er bei der Sendung nicht mit, da er mittlerweile bei einem Beratungsunternehmen arbeitet. Er erklärt: „Begonnen habe ich in der Hoffnung, dass die Südkoreaner Flüchtlingen aus dem Norden freundlicher und ohne Distanz begegnen, wenn sie ihre Geschichten im Podcast hören. Ich dachte, dass wir über Diskriminierung und Vorurteile gegenüber nordkoreanischen Flüchtlingen nicht einfach hinwegsehen sollten, wenn wir wissen, dass sie in unserer Gesellschaft existieren. Also habe ich beschlossen, eine Sendung zu schaffen, die die Geschichten dieser Menschen erzählt, so wie sie sind.“

Nach fünfmonatiger Vorbereitungszeit im Rahmen von Projekt Jieum, einer zum internationalen Hochschulverband Enactus gehörenden Studierendengruppe der Yonsei Universität, wurde Sabujak im August 2018 zum ersten Mal ausgestrahlt. Enactus ist eine international aktive gemeinnützige Organisation, die 1975 vom National Leadership Institute gegründet wurde. Jieum, dessen Name „wahre Freunde“ bedeutet, hat ab August 2020 seine Mitgliederbasis durch einen Zusammenschluss mit mehreren Hochschulen erweitert, darunter die Catholic University, die Universitäten Sogang, Sungshin, Ewha und Chung-Ang sowie die Seoul Nationaluniversität.

tales2.jpg

Sabujak ist bemüht, Einzelheiten zu den aus Nordkorea geflüchteten Gästen so offen wie möglich und ohne Übertreibungen oder Generalisierungen zu präsentieren. Die Podcasts werden im Studio Bombyeot (Frühlingssonne) in der Nähe der Hongik Universität aufgenommen. Das Fotos zeigt Sabujak-Mitglieder im Studio. Von links: Ahn Seong-hyeok, Ahn Hye-soo und Park Se-ah.
© Han Sang-mo.

Eingeladen werden Gäste nordkoreanischer Herkunft, die über das Leben von Flüchtlingen aus dem Norden „unverblümt und schlicht“ erzählen sollen. Hauptziel ist dabei, durch ehrliche Gespräche Vorurteile gegenüber nordkoreanischen Flüchtlingen zu beseitigen und die psychische Distanz zwischen Nord- und Südkoreanern zu verringern.

BESONDERE GÄSTE
Derzeit übernehmen abwechselnd neun Studierende in Dreier-Teams die Podcast-Moderation. Es gibt keine feste Rollenverteilung, jeder übernimmt mehrere Aufgaben wie z. B. Besetzung, Moderation, Schnitt oder Produktionsleitung. Aufgezeichnet wird im Studio Bombyeot (Frühlingssonne) in der Nähe der Hongik Universität. Außer in der vorlesungsfreien Zeit wird fast jede Woche an der Produktion gearbeitet. Das Gespräch mit dem eingeladenen Gast wird in drei Teile von jeweils 12 bis 15 Minuten geschnitten und hochgeladen. In Teil 1 geht es um Gerichte und Leben im Heimatort, in Teil 2 um die Flucht aus Nordkorea und in Teil 3 um Einleben und Alltag im Süden. Anfangs konzentrierte man sich noch darauf, die „ungehörten Stimmen“ zu Wort kommen zu lassen, heute wird stärker auf Narrative über die Gemeinschaft zwischen Nord- und Südkoreanern geachtet.

Nach dem Casting der Gäste wird der Ablauf der Sendung zwar in Vorgesprächen konzipiert, ein festgelegtes Skript gibt es jedoch nicht. Um eine natürliche Atmosphäre zu schaffen, gibt es im Vorfeld einen Video-Chat mit den Gästen. Die ersten Gäste waren überwiegend Studierende, mit denen die Kontaktaufnahme für die Poduzenten aufgrund des ähnlichen A lters leichter war. Heutzutage ist es jedoch durch Mundpropaganda und höhere Bekanntheit des Podcasts möglich geworden, Gäste unterschiedlicher Altersgruppen zu rekrutieren.

Unter ihnen hinterließ ein Geschäftsmann einen tiefen Eindruck beim Team. Schon mit fünfzehn war er als Flüchtlingsschmuggler aktiv und stand auf der landesweiten Fahndungsliste der nordkoreanischen Ministeriums für Staatssicherheit. Im Schutze der Anonymität konnte er seine Geschichte frei erzählen. Ein weiterer beeindruckender Gast war „Gilju Wanja (Maultasche aus Gilju)“. Geboren und aufgewachsen ist der Oberschüler in Gilju, Provinz Hamgyeongbuk-do, wo sich das Atomtestgelände Punggye-ri befindet. 2013 floh der damals Vierzehnjährige aus dem Norden, im Jahr darauf kam er nach Südkorea.

In seltenen Fällen traten Gäste auch unter ihrem richtigen Namen auf. Die erste war Kim Jeong-a (aus Cheongjin, Provinz Hamgyeongbuk-do), eine ehemalige nordkoreanische Offizierin. Als sie darüber berichtete, wie sie wegen Konflikten mit ihren Adoptiveltern als „Kkotjebi“ (nordkoreanische Kinder, die ohne festen Wohnsitz auf der Suche nach Essen umherirren) lebte und von ihrem verstorbenen Bruder erzählte, kamen ihr mehrmals die Tränen. Na Min-hui, die als Arbeiterin ins Ausland entsandt wurde und danach nach Südkorea kam, hat ebenfalls eine bemerkenswerte Geschichte. Als Tochter einer wohlhabenden Familie der Pjöngjanger Oberschicht genoss sie ein komfortables Leben und arbeitete in Europa, wo sie harte Währung für das nordkoreanische Regime verdiente. Ju Seong-ha, der jetzt als Reporter für die renommierte Tageszeitung Dong-A Ilbo in Seoul tätig ist, trat ebenfalls mit eigenem Namen auf. Beeindruckend war auch Park Ye-yeong, Vorsitzende der United Korea Cooperative, die sowohl unter ihrem Spitznamen „Gimchaek Teolgae (Haarkrabbe aus Gimchaek)“ als auch unter ihrem Echtnamen zu Gast war.

„Frau Parks Worte, mit denen sie uns südkoreanischen Studenten für das Interesse an der Wiedervereinigung und den Podcast dankte, waren eine große Motivation“, erinnert sich Ahn Hyesu, eine Jura-Studentin im vierten Jahr an der Sungshin Women’s University, deren Großvater aus der nordkoreanischen Provinz Hwanghae-do stammt. Sie bewarb sich für das Podcast-Team, weil sie viel über die Sendungen gehört hatte.

Seit der dritten, im September 2019 gestarteten Staffel gehören auch aus Nordkorea geflüchtete Studierende zum Team, darunter Ahn Seong-hyeok, ein Politologie-Student im vierten Jahr an der Yonsei Universität, und Park Beom-hwal, ein Sportpädagogik-Student im zweiten Jahr an der Seoul Nationaluniviersität. Ahn flüchtete zusammen mit seinen Eltern aus Cheongjin, Provinz Hamgyeongbuk-do, und kam im Dezember 2011 nach Südkorea. Derzeit ist er der Leiter des Podcasts.

„Ich bin dem Team auf Empfehlung eines Freundes beigetreten. Es freut mich sehr von den Gästen zu hören, dass dank unserer Sendung alte Erinnerungen wieder aufleben können, was sonst wegen ihres hektischen Alltags kaum der Fall ist“, sagt Ahn.

tales4.jpg

Das Feedback der Podcast-Hörer ist wichtigstes Kommunikationsmittel. Die Hörer posten Kommentare oder Botschaften auf Instagram. Das Echo ist überwiegend positiv. Einige Hörer schicken sogar „Kartenneuigkeiten“, die sie aus Sendungen der Vorwoche zusammengestellt haben.

FÜR EINE ÄNDERUNG DER DENKWEISE
Staffel 7 läuft seit August 2021. Eine Staffel entspricht einem Hochschulsemester. Die Miete des Aufnahmestudios und die öffentliche Ausstrahlung wird von Organisationen wie der Wooyang Foundation, dem Cultural Center for Inter-Korean Integration und dem Institute for Higher Education Innovation der Yonsei Universität unterstützt. Früher hatten die Gäste kein Honorar erhalten, aber dank des Sponsoring ist es inzwischen möglich, ihnen einen kleinen Betrag anzubieten. Der Podcast, mit dem jetzt viele nordkoreanische Flüchtlinge vertraut sind, hat bis September 2021 mehr als 200.000 Aufrufe erzielt. Die Zuhörer geben Feedback durch Kommentare oder Instagram DMs. Dank des positiven Echos und Ansporns wachsen Motivation und Mut der ehrenamtlich engagierten Mitglieder.

Bislang waren etwa 130 Personen bei Sabujak zu Gast. Im Februar 2021 erschien die Essaysammlung Ich will ein gewöhnliches, aber besonderes Leben führen mit zwölf Geschichten aus der ersten und zweiten Staffel, die die Motivation zur Flucht, den Prozess des Einlebens im Süden und die dabei erlebten Schwierigkeiten thematisiert. Anstelle von stereotypen Vorstellungen über Nordkorea kann man durch das Buch nicht nur Informationen über das Land, sondern auch die tatsächliche Denkweise der Nordkoreaner, ihre Kultur und ihr Essen, ihre Sorgen, ihre zahlreichen Erinnerungen und jahreszeitlichen Bräuche sowie die Ähnlichkeiten und Unterschiede zum Süden vertiefter kennenlernen.

Das Produktionsteam von Sabujak sagt, es habe durch die Gespräche mit den Gästen entdeckt, dass die Südkoreaner zur Verallgemeinerungen in Bezug auf die nordkoreanischen Flüchtlinge neigen. Selbst die Teammitglieder dachten anfangs, dass alle Flüchtlinge ähnlich dächten und alle in eine Schublade gesteckt werden könnten. Umgekehrt haben die nordkoreanischen Gäste die südkoreanischen Teammitglieder als Individuen mit charakteristischen Eigenheiten und Besonderheiten betrachtet. Jede Begegnung führte zu allmählichen Änderungen der Einstellung und heute bemüht sich das Team, die Flüchtlinge nicht als eine Gruppe mit einem bestimmten Image zu zeichnen, sondern als Individuen.

„Wenn im Unterricht über die Wiedervereinigung der Koreanischen Halbinsel diskutiert wird, sind die Meinungen stark gespalten. Am bedauerlichsten ist, wenn junge Menschen sich gegenseitig als Feinde bezeichnen“, sagt Teamleiter Ahn Seong-hyeok. „Wir möchten die Geschichten der nordkoreanischen Flüchtlinge noch lange weitererzählen, damit unser Podcast als eine gute Brücke zwischen den Menschen aus dem Süden und den Menschen aus dem Norden dienen kann.“

tales3.jpg

Die Essaysammlung Ich will ein gewöhnliches, aber besonderes Leben führen stellt spezielle nordkoreanische Gerichte anhand von illustrierten Geschichten vor. Zwölf Podcast-Gäste präsentieren das Essen ihres Heimatortes und erzählen über damit zusammenhängende Erfahrungen und Erinnerungen.
© Project Jieum

Kim Hak-soon Journalist, Gastprofessor, Fakultät für Medien und Kommunikation, Korea University

전체메뉴

전체메뉴 닫기