Auberginen stehen für den heißen Sommer. Die alte koreanische Spruchweisheit „Die Regenzeit lässt sich durch Auberginen-Genuss gut ertragen“ verdeutlicht die kulinarischen Freuden von Sommerauberginen. Ist das kein Ausdruck der Zuversicht, dass man die Sommerhitze durch den Verzehr dieses Gemüses, das besonders reich an gesundheitsfördernden Anthocyanen ist, gut überstehen kann?
„Die Küche ist die älteste Kunst.“ Dieses Zitat des französischen Gastronomen Jean Anthelme Brillat-Savarin (1755-1826) zeugt von tiefer Einsicht. Die Art und Weise, wie eine bestimmte Zutat zubereitet wird, gibt Aufschluss über Merkmale und Geschichte der jeweiligen Esskultur. Umgekehrt lässt sich schlussfolgern, dass die Zubereitungsart einer Zutat umso vielfältiger ist, je älter ihre Geschichte zurückreicht.
Lassen Sie uns z. B. die Aubergine und die Tomate, die beide zur Familie der Nachtschattengewächse gehören, vergleichen. Blätter und Blüten von Nachtschattengewächsen sind aufgrund ihres Gehalts an Alkaloiden, die zu ihrem Schutz dienen, nicht essbar, weshalb wir nur die Früchte verzehren. Allerdings werden Tomaten auf dem koreanischen Esstisch nur selten als Beilage serviert. Während Tomaten in den meisten Ländern als Gemüse gelten, betrachten die Koreaner sie als Obst. Abgesehen von eingelegten grünen Tomaten, die als Beilage gegessen werden, werden Tomaten meist wie Äpfel oder Birnen als Nachtisch gereicht oder zu Saft verarbeitet. Auberginen gelten hingegen als Gemüse und werden wie Rettich, Chinakohl oder Zucchini als Beilage zu Reis gegessen.
Die gesäuberten Auberginen werden in einem Dampfgarer allein oder auf gekochtem Reis gedämpft. Noch heiß werden sie per Hand in lange Streifen gerissen, wobei man die Hände als Schutz vor Verbrennungen vorher mit kaltem Wasser befeuchten sollte. Die Streifen werden dann mit einer Marinade aus Sojasoße, Sesamöl, Sesamkörnern und Chilischotenstreifen vermischt. So das Rezept für die Beilage Gaji-Namul, das in der Ausgabe der Tageszeitung Dong-A Ilbo vom 4. August 1931 vorgestellt wurde. Dieser Artikel beschreibt noch weitere Zubereitungsarten. So werden Auberginen z.B. im Juli und August, wenn sie reichlich vorhanden sind, gedörrt, um sie dann im Winter in Wasser aufweichen zu lassen, die Feuchtigkeit herauszupressen und zu marinieren. Oder rohe Auberginen werden gestiftelt, gesalzen, eine Weile ruhen gelassen und dann unter sorgfältigem Durchkneten mit Senf und verschiedenen Zutaten vermischt.
Auch gerne roh gegessen
Die Aubergine, die seit alters her auf verschiedenste Weise zubereitet wird, ist bis heute als Beilage beliebt. Zum Beispiel wird sie, in mundgerechte Stücke geschnitten, leicht in Mehl gewendet, fritiert und gewürzt. Oder man gibt Rinderhack auf dünne Auberginenscheiben und brät sie im Eimantel. Mit der ansteigenden Zahl von Auslandsreisenden und Kontakten zu Menschen aus anderen Ländern probieren in letzter Zeit auch immer mehr Koreaner ausländische Rezepte aus wie z.B. das chinesische Yu Xiang Qie Zi (Auberginen mit Fischduft), das japanische Nasu dengaku (gegrillte Auberginen mit Miso-Sauce) oder das italienische Parmigiana di melanzane (Auberginen-Auflauf mit Parmesan).
Dass Auberginen und Tomaten, beides Nachtschattengewächse, in der koreanischen Küche einen so unterschiedlichen Stellenwert besitzen, ist wohl auf den historischen Hintergrund ihrer Einführung in Korea zurückzuführen. Tomaten, die ursprünglich aus Lateinamerika stammen, wurden Anfang des 17. Jhs erstmals nach Korea gebracht, fanden damals aber keine Verbreitung. Sie hielten dann erst wieder Anfang des 20. Jhs Einzug in die koreanische Küche. Im Gegensatz dazu wurden Auberginen, die vermutlich aus den tropischen Regionen Asiens stammen, viel früher aus Indien über China nach Korea eingeführt. Es gibt sogar einen Eintrag, wonach sie bereits in der Silla-Zeit (57 v.Chr.-935 n.Chr.) angebaut wurden. Die Aubergine hat also eine lange Geschichte in der koreanischen Küche und entsprechend reich ist auch die Geschichte ihrer Zubereitung.
In der Goryeo-Zeit (918-1392) scheint die Aubergine schließlich ihren festen Platz auf dem Esstisch der Koreaner gefunden zu haben. Der Dichter I Gyu-bo (1168-1241) besingt in Gapoyugyeong („Sechs Lieder über den Gemüsegarten der Familie“) Geschmack und Vortrefflichkeit der Aubergine wie folgt:
Errötend auf purpurnem Grund, wie könnte man sie da alt nennen?
Was könnte der Aubergine gleichkommen, deren Blume die Augen und deren Frucht den Mund erfreut ?
Die Feldfurchen quellen über vor Früchten.
Sie ist wirklich ein Gaumenschmaus, sei es gekocht oder roh.
Es mag überraschen, dass man Auberginen auch roh genießen kann. Dem ist aber tatsächlich so. Die Koreaner legen rohe Auberginen in Doenjang (Sojabohnenpaste) ein und essen sie als Jangajji (eingelegtes Gemüse) oder machen Kimchi daraus. In Thailand werden rohe, grüne Auberginen, die Golfbällen ähneln, in Dippsoße getunkt gegessen. Der Rohverzehr ist also unbedenklich. Auberginen enthalten zwar wie andere Nachtschattengewächs-Früchte auch das giftige Alkaloid Solanin, jedoch in so niedrigen Dosen, dass der Verzehr unproblematisch ist, solange man nicht 30-40 Stück auf einmal isst.
Auberginen enthalten auch Nikotin, ein weiteres Merkmal von Nachtschattengewächsen. Nikotin in Speisen ist zwar hitzeresistent, aber 10 kg Auberginen enthalten nicht mehr Nikotin als eine Zigarette. Das Nikotin hat jedenfalls weiter keine schädliche Wirkung, da es nach der Aufnahme größtenteils durch die Leber entgiftet und ausgeschieden wird. Die in wilden Auberginen enthaltenen Bitterstoffe, die der Abwehr von Fressfeinden dienen, sind also für den Menschen giftig. In der Annahme, dass die Aubergine giftig sei, nannten die Römer sie mala insana: „Apfel des Irrsinns“. Davon leitet sich „melanzana“, das italienische Wort für Aubergine, ab. In alten Aufzeichnungen der Beduinen steht sogar: „Ihre Farbe gleicht der des Bauches eines Skorpions, ihr Geschmack dem seines Giftstachels.“ Das lässt schon vermuten, wie berüchtigt der bittere Geschmack der Aubergine über viele Jahrhunderte gewesen sein muss.
Im Gegensatz dazu wurden Auberginen, die vermutlich aus den tropischen Regionen Asiens stammen, viel früher aus Indien über China nach Korea eingeführt. Es gibt sogar einen Eintrag, wonach sie bereits in der Silla-Zeit (57 v.Chr.-935 n.Chr.) angebaut wurden. Die Aubergine hat also eine lange Geschichte in der koreanischen Küche und entsprechend reich ist auch die Geschichte ihrer Zubereitung.
Entwicklung verschiedener Farb- und Formvariantens
Doch die Aubergine von heute unterscheidet sich deutlich vom „Apfel des Irrsinns“ von früher. Durch langjährige Züchtung und Domestizierung gelang es, den Bitterstoffgehalt zu reduzieren und Sorten mit unterschiedlichen Farben und Formen zu entwickeln. Als Resultat gibt es heute eine Aubergine so klein wie eine Erbse (Erbsen-Aubergine), aber auch eine von bis zu 40 cm Länge (Pingtung Long). Zudem wurden Sorten mit an die 650 g schweren Früchten (Black Enorma) gezüchtet, ebenso welche in unterschiedlichen Farben wie grüne, weiße, violette und sogar gestreifte Auberginen. Dazu gehört auch die weiße, hühnereiförmige Sorte, die einst in den USA in großen Mengen angebaut wurde, daher die englische Bezeichnung „eggplant“.
Diejenigen, die den bitteren Geschmack der Aubergine unangenehm fanden, haben zudem nach Lösungen dafür gesucht. So findet sich manchmal in alten Kochbüchern der Tipp, die Aubergine in Stücke zu schneiden und mit grobem Salz bestreut für 30 bis 60 Minuten stehen zu lassen. Das Salz entzieht das Wasser, kann jedoch kaum die Bitterstoffe entfernen. Trotzdem behandelten früher viele Köche Auberginen mit Salz, weil die Salzigkeit die Bitterkeit verringert und eine feinere Würznote verleiht. Die heutigen Auberginen schmecken nur noch leicht bitter, sodass sich dieser Schritt zwar erübrigt, doch das Salzen von geschnittenen Auberginen ist noch aus anderen Gründen sinnvoll.
Auberginen werden in Korea hauptsächlich als Beilage zu Reis gegessen. Sie werden leicht gedämpft, in Streifen gerissen und mit einem Dressing aus Sojasoße, Essig, gehacktem Schnittlauch, Sesamöl sowie zerstoßenen, gesalzenen Sesamkörnern serviert.
Kommen Gäste oder zu speziellen Anlässen werden besondere Auberginen-Gerichte gereicht. Die Auberginen werden z.B. in dünne Streifen geschnitten und in Öl pfannengerührt (links) oder sie werden in dicke Stücke geschnitten, mit mariniertem Rinderhack gefüllt, mit Mehl bestäubt, in geschlagener Eimasse gewendet und in der Pfanne gebraten.
Zutat mit tausend Gesichtern
Das Fruchtfleisch der Aubergine hat eine schwammartige Konsistenz. Beim Fritieren oder Braten saugen sich die zahlreichen Poren jedoch mit Öl voll und das Fruchtfleisch verliert an Festigkeit. Um das zu vermeiden, bestreut man sie mit Salz, was den Zellen das Wasser entzieht und die Poren sich schließen lässt. Auberginen-Gerichte der Türkei oder der chinesischen Sichuan-Küche nutzen umgekehrt diese Eigenschaft aus und lassen Gewürzöl in die Auberginen einziehen, um den Gerichten ein volleres Aroma zu verleihen.
Andererseits wird in Südostasien die Bitternis der Aubergine zum Verfeinern des Geschmacks von Gerichten genutzt. So wird in der thailändischen Küche dem Grünen Thai-Curry die bitter schmeckende Erbsen-Aubergine hinzugegeben. In vielen Ländern ersetzt die Aubergine das Fleisch, während sie auch gerne als süßes Dessert serviert wird. Sie ist also eine Zutat mit äußerst vielfältigen Eigenschaften. Im Nahen Osten gibt es sogar das Sprichwort „Bevor eine Frau nicht 1.000 Auberginenrezepte beherrscht, ist sie noch nicht soweit, heiraten zu können.“
Die in Purpur-, Rot- und Blautönen glänzende Auberginenschale enthält reichlich antioxidative Anthocyane. Diese Farbpigmente, die wie blaue Aquarellfarbe an die Oberfläche dringen, schützen die Aubergine vor Stress durch ultraviolette Strahlung. Der Anthocyan-Gehalt der Schale liegt bei stolzen 700 mg/100 g. Daher wird empfohlen, die Aubergine mit Schale zuzubereiten, auch wenn noch Kontroversen darüber bestehen, wieviel Anthocyan der menschliche Körper dadurch tatsächlich aufnimmt.