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2019 SUMMER

Ästhetischer Organismus aus Beton

Inspiration für das Design war die schiere Intensität des Ortes. Dem Architekten wurde bewusst, dass in der Stille der am östlichen Ende des koreanischen Territoriums gelegenen Insel Ulleung-do die Bewegungen der Sterne, des Mondes und der Sonne sowie die geschwungenen Linien des Horizonts noch intensiver wirken. Ganz automatich kam ihm die Idee für eine Gebäudestruktur in Form eines astronomischen Instruments, das die natürlichen kosmischen und terrestrischen Phänomene enthält.

Die Insel Ulleung-do liegt 217 km entfernt von der Hafenstadt Pohang an der Ostküste. Im nordwestlichen Teil der Insel steht Kim Chan-joongs sensationales Werk Healing Stay Kosmos in perfekter Einbettung in die natürliche Umgebung auf einer steil ins Meer abfallenden Klippe.© Kim Yong-kwan

Auf die Insel Ulleung-do zu kommen, ist nicht einfach. Von Seoul aus braucht man sieben Stunden mit Zug und Fähre. Wegen des rauhen Wellengangs können die Schiffe oft nicht ablegen, sodass die Insel an etwa 100 Tagen im Jahr unerreichbar ist. Doch ihre urwüchsige Landschaft ist die Reisestrapazen wert. Die massiven Felsen vermitteln jedem Besucher, der zum ersten Mal seinen Fuß auf die Insel setzt, das Gefühl, Zeit und Raum zu überschreiten.

Der 430m emporragende Berg Chu-san auf der Meeresklippe im Nordwesten von Ulleung-do ist der landschaftliche Höhepunkt. Von dort aus kann man Meer und Berg, Auf- und Untergang der Sonne sowie den Lauf des Mondes und der Sterne so nah und lebendig erleben, dass man ins Staunen gerät. Auf einer ins Meer abfallenden Klippe liegt Healing Stay Kosmos. Das vom dem Architekten Kim Chanjoong entworfene Resort öffnete 2018. Es besteht aus zwei Bereichen: der „Villa Kosmos“ mit privatem Pool, die tornadogleich von sechs Flügeln eingerahmt ist, und der „Villa Terre“, einem Gebäude im Ferienwohnungstil, bei dem fünf gewölbeartige Abschnitte wellenförmig miteinander verbunden sind. Das britische Lifestyle- und Design-Magazin Wallpaper* hat dieses ungewöhnliche Bauwerk zum „Best New Hotel“ für die „Wallpaper* Design Awards 2019“ gekürt.

Sechs Landschaften

Durch eins der Gästezimmerfenster der Villa Kosmos ist der Berg Chu-san zu sehen, dessen Form sich in dem 6m hohen Bogenfenster wiederfindet. Das Gebäude erinnert an einen in sechs Richtungen wirbelnden Tornado. Vor den Fenstern der einzelnen Gästezimmer entfaltet sich entsprechend ein jeweils anderes Landschaftspanorama.© Kim Yong-kwan

Bei seinen Überlegungen, wie ein mit der Natur kommunizierendes Bauwerk zu konzipieren sei, kam Kim Chanjoong auf die Idee, die Bewegung von Himmelskörpern zu nutzen. So untersuchte er mithilfe eines Computers in einem Observatorium den Umlauf von Sonne und Mond. Als er ihre Bewegungsbahnen auf den Boden projizierte, liefen sie in Form einer Spirale zusammen. Danach legte er sechs Richtungen als Hauptorientierungspunkte fest, darunter den Chu-san, den Felsen, auf den die Sonne bei der Sommersonnenwende fällt, Hafen und Wald. Die Flügel, die in Richtung der sechs Landschaften zeigen, liefen in einem Kreis bar jeglicher landschaftlicher Richtungshierarchie zusammen. Die Villa Kosmos ist also ein Tornado, der in Richtung von sechs unterschiedlichen Landschaften schlägt. Im Erdgeschoss befinden sich ein Gesellschaftsraum, ein Restaurant und eine Sauna. Geht man die Wendeltreppe in der Mitte hoch, wird deutlich, dass jeder der Flügel ein Gästezimmer ist. Öffnet man die Tür, sieht man sich einer langen, gekurvten Wand gegenüber, an deren Ende ein vertikal ausgerichtetes Fenster erscheint, von dem aus man die Aussicht genießen kann. Von der Form her erinnert dieses große Bogenfenster an den Berg Chu-san.

Um den Eindruck eines Kunstobjekts zu verstärken, hat der Architekt die wichtigsten technischen Anlagen in die Wände integriert, was das Gebäude als solches als ganzheitlicher Raum und einheitlicher Organismus wirken lässt. Es wurde schon von Anfang an so entworfen, dass alle technischen Ausstattungen wie Beleuchtung, Klimaanlagen oder Anemostate komplett eingebettet waren. Für die Umsetzung mussten mehrere Vorführmodelle angefertigt werden.

Die perforierte Decke, die Luft und Licht hineinlässt, schafft einen elegant fließenden Raum, der an die Haut eines lebendigen Tieres erinnert. Vor allem die 12cm dünne, zart gewölbte Schale, die Dach und Wand zugleich ist, verleiht Kosmos eine ätherische Präsenz. Man wundert sich, wie Beton dermaßen dünn geformt und auf diese Weise modelliert werden konnte.

Diese feine gestalterische Schönheit des Resorts ist auf die Verwendung von Ultrahochleistungsbeton (UHPC) zurückzuführen. Zum ersten Mal weltweit wurde hier UHPC vor Ort eingegossen und als Strukturelement verwendet. UHPC zeichnet sich vor allem durch seine hohe Festigkeit, Dichtigkeit und Beständigkeit aus. Auch ohne Bewehrungsstahl kann seine Festigkeit durch das Beimischen von Stahlfasern erhöht werden, was den Bau äußerst dünner Gefüge erlaubt. Der Architekt versuchte sich also an einer neuen Tektonik mit diesem Material, das bis dahin meistens im Bauingenieurwesen verwendet wurde.

Herausforderungen mit Freud und Leid

Die Villa Kosmos, gestaltet in Form eines aus sechs Blättern bestehenden Tornados, weist ein gekurvtes Dach und 12cm dünne Wände auf. Der neue Ultrahochleistungsbeton (UHPC) machte solch dünne und delikate Konstruktionen möglich.© Kim Yong-kwan

Die Anwendung von UHPC war während des gesamten Bauprozesses Herausforderung und Experiment zugleich. Hinter der Entscheidung für UHPC stand „PLACE1“ der KEB Hana Bank im Seouler Viertel Samsung-dong, ein Gebäude, das etwa um diese Zeit errichtet wurde. Sowohl bei PLACE1 als auch beim Resort in Ulleung-do stand am Anfang die Frage: „Ist es möglich, ein Bauwerk von noch dünnerer und delikaterer Struktur zu errichten?“ Um eine völlig neue Methode zu entwickeln, waren zahlreiche Mockups und ingenieurwissenschaftliche Konsultationen erforderlich.

Im Falle von PLACE1 wurde ein Gebäude renoviert, das mehrere Bankfilialen integrieren und gleichzeitig als lokales Wahrzeichen dienen sollte. Kim transformierte die Räumlichkeiten der Bank, indem er innerhalb des Gebäudes einen sog. „Open Slow Core“ mit kulturellen Räumen auf den einzelnen Etagen einrichtete, wo sich die Menschen nach der Schließung der Bank um 16:00 Uhr treffen können. Gleichzeitig sah sein Entwurf vor, Terrassenflächen um das Gebäude anzulegen und das Äußere mit Fassadenelementen, die innen und außen eine dreidimensionale Oberfläche aufweisen, zu umrahmen.

Jedes Element ist ein großes Quadrat mit 4m Seitenlänge, das 1m nach außen ragt und 50cm nach innen eingedrückt ist. Das Architekten-Team suchte nach einem leichten Material, das an der Fassade des ursprünglichen Gebäudes angebracht werden könnte, und soll gejubelt haben, als es auf UHPC stieß. Doch die Freude war kurz, denn ein dorniger Weg lag vor ihnen.

Das Problem bestand nämlich darin, dass noch niemand versucht hatte, ein geschwungenes dreidimensionales Gebilde in einer Schalung zu gießen. In Zusammenarbeit mit den Ingenieuren des Bauunternehmens, des Schalungsplan-Teams, des Tragwerksplanerbüros und des UHPC-Herstellers musste daher der Architekt selbst fünf Vorführmodelle ausführen, um die Möglichkeit, UHPC-Module zu formen und aufzustellen, nachzuweisen. Dieser Prozess erstreckte sich über ganze sechs Monate.

Beim Bau des Resorts auf Ulleung-do, der fast zeitgleich lief, konnten Kim und sein Team den UHPC noch aktiver anwenden, da er sich bestens zur Modellierung fein-delikater ästhetischer Formen eignete. Die Verfüllung mit UHPC vor Ort – ein bis dahin noch nie gewagter Versuch – wurde in Zusammenarbeit mit dem Koreanischen Institut für Bauingenieurwesen und Bautechnik, das seine eigene Marke „K-UHPC“ entwickelt hatte, dem Unternehmen Steel Life Co. Ltd., das für den Dongdaemun Design Plaza über 45.000 amorphe Fassadenplatten hergestellt hatte, und dem Bauunternehmen KOLON GLOBAL Corporation durchgeführt. Anhand von mehreren Vorführmodellen leitete Kim den ganzen Prozess – einschließlich der Berechnung der Festigkeit des UHPC, der Bemessung der Druckfestigkeit der Gussform und der Überprüfung der Verfüllung vor Ort – während er gleichzeitig seine Ideen für die Schalung, die seinen Entwurf ermöglichen sollten, einbrachte, und sich mit den Ingenieuren darüber abstimmte.

Angesichts der hohen Dichtigkeit und wasserähnlichen Konsistenz des UHPC war die größte Frage, ob die Schalung während der Verfüllung den hohen Druck aushalten würde. Im schlimmsten Fall konnte die Gussform platzen. Für die Errichtung eines dreidimensionalen, amorphen Bauwerks musste vor allem die Schalung in einem einzigen Anlauf in ihrer vollständigen Form errichtet, und anschließend mit UHPC verfüllt werden. Nicht nur das: UHCP war bis dahin noch nie für die Struktur eines Gebäudes angewandt worden. Während der drei Tage und zwei Nächte, die das Verfüllen der Schalung beanspruchte, sollen alle in höchster Anspannung den Atem angehalten haben.

„Versteht man unter Tektonik die Beziehung zwischen dem Material und seiner legitimen Konstruktionsmethode, dann scheint es mir nun an der Zeit zu sein, dass auch die Tektonik für Beton sich ändert.“

Architekt Kim Chan-joong ist bekannt für seine Experimentierfreudigkeit mit neuen Materialien. The System Lab, die von ihm geführte Architekturfirma, ist im Architekten-Verzeichnis 2016 des britischen Design-Magazins Wallpaper* gelistet.© Kim Jan-di, design press

Neue Anwendung von Beton

Das im Seouler Nobelviertel Samseong-dong gelegene PLACE 1 der KEB Hana Bank trägt den Spitznamen „Tintenfisch-Saugnapf“. An der Oberfläche sind 178 langsam rotierende Platten von jeweils 2m Durchmesser angebracht, die die dynamische Ausstrahlung des Gebäudes betonen. © Kim Yong-kwan

Den Entwürfen von Kim Chan-joong und seines Büros, The System Lab, liegt stets der Konstruktions- und Fertigungsplan bei. Er soll dabei helfen, die Konstruktion zu überprüfen und rationale sowie optimale Lösungen zu finden. Ein Architekt kann sich nicht in reiner Ästhetik ergehen, sondern sucht nach für das jeweilige Projekt geeigneten Konstruktionsmethoden und wendet die dafür geeigneten Technologien an. Diese Arbeitsmethode, die Kim als „industrielles Kunsthandwerk“ beschreibt, bewirkt mittels Technologie- und Materialinnovationen emotionale Resonanz.

Adrian Forty, Professor em. für Architekturgeschichte am The Bartlett, University College London, schrieb in seinem Buch Beton und Kultur: Eine Materialgeschichte (2012), dass Beton eher als ein Prozess denn als ein Material beschrieben werden könne. Beton gehöre zu den repräsentativen Materialien, die den Internationalen Stil der Architektur ermöglichten, und jetzt könnten wir dank neuer Methoden neuen Arten von Beton-Konstruktionen begegnen. In diesem Sinne steht Kim als Architekt, der stets auf der Suche nach neuen, optimalen Lösungen ist, nicht nur an der vordersten Front beim Entwerfen von Bauten, sondern auch beim Entwerfen des Konstruktionsprozesses.

„Der UHPC wird auch sinnlich anders wahrgenommen als die feste, massive Struktur des herkömmlichen Betons. Versteht man unter Tektonik die Beziehung zwischen dem Material und seiner legitimen Konstruktionsmethode, dann scheint es mir nun an der Zeit zu sein, dass auch die Tektonik für Beton sich ändert.“

Der Versuch eines Architekten, ein neues Material zu entdecken und es anzuwenden, öffnet stets neue Türen der Sinneswelt.

Lim Jin-young Präsidentin von OPENHOUSE SEOUL, Architekturjournalistin

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