메인메뉴 바로가기본문으로 바로가기

Interview > 상세화면

2018 SUMMER

„Meine Stärke liegt im Detail“

Lee Kwang-ho erinnert in seinem selbst entworfenen Jumpsuit und seiner Kappe an jemanden, der sich als Austronaut durch den Weltraum reisen sieht. „Träumen ist mein Job, deshalb bin ich glücklich, wenn ich Träume Realität werden lassen kann und meine Ideen greifbare Gestalt annehmen“, so der Jungdesigner. Seine erfrischenden und fröhlichen Kreationen, die er aus alltäglichen, jedem vertrauten Materialien in einfacher Herangehensweise und sorgfältiger Verarbeitung herstellt, ziehen die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstwelt auf sich.

Osulloc Tea House (Detail), Seoul, Lee Kwang-ho, Kollaboration mit Grav, 2017; Elektrikdrähte.

Lee Kwang-hos Durchbruch kam wie ein Wunder. Die erste Ausstellung, die der Jungdesigner nach Abschluss seines Studiums in Metallkunst und Design an der Hongik Universität auf die Beine stellte, war eine Enttäuschung. Es gab weder positive noch negative Kritik, was schlichtweg frustrierend war. Ein älterer Alumnus, dem er sich anvertraut hatte, wies ihn auf eine ausländische Design-Webseite hin, auf der man für seine Werke werben konnte. Also stellte Lee ein Portfolio zusammen und lud es samt Lebenslauf hoch. Zwar sah er sich in Bedrängnis, war im Inneren aber auch zuversichtlich. Denn er glaubte fest daran, dass die Hartnäckigkeit und Aufrichtigkeit, mit der er selbstständig Materialien erforscht und Werke hergestellt hatte, letztendlich Anerkennung finden würde, auch wenn er nie im Ausland studiert hatte.

„Nicht lange, nachdem ich mein Portfolio hochgeladen hatte, kontaktierte mich die Galerie Commissaires in Montreal. Aufgeregt flog ich sofort nach Kanada. Dort traf ich mich mit Pierre Laramée, dem Kurator und Leiter der Galerie, der sich von meinen Werken beeindruckt zeigte und eine Solo-Ausstellung vorschlug. Als ich wissen wollte, was ihm denn so gut gefalle, antwortete er, dass meine Arbeiten neuartig und ungewöhnlich seien. Meine erste Solo-Ausstellung, die 2008 bei Commissaires gezeigt wurde, stieß auf positive Resonanz und ich konnte viele Stücke verkaufen. Während die Ausstellung noch lief, zeigten sich auch die Johnson Trading Gallery in New York und die Victor Hunt Gallery in Brüssel interessiert, was für mich den Weg zu großen internationalen Ausstellungen und Messen wie Design Miami und Art Basel öffnete.“

Die Tatsache, dass gerade die Johnson Trading Gallery, ein führender P in der New Yorker Kunst- und Design-Welt, auf seine Werke aufmerksam wurde, bedeutete, dass ein bis dahin unbekannter koreanischer Designer Zutritt zur internationalen Kunstszene erhielt. Von da an wurde Lee überschüttet mit Anfragen von Galerien in Design-Metropolen wie Berlin, Paris, London, Amsterdam und Mailand, die alle an einer Kollaboration interessiert waren. Im April 2009 wurde er als einer von zehn vielversprechenden Designern zur Mailänder Möbelmesse eingeladen, wo er an „Craft Punk“, einer Design-Performance in Zusammenarbeit mit der Modemarke Fendi, teilnahm. Das signalisierte den Start seiner Karriere als internationaler Künstler.

Wiederentdeckung vertrauter Materialien

„Eine einfache Herangehensweise – das ist das Kernkonzept, das mich soweit gebracht hat,“ meint Lee. „Begonnen hat alles mit dem Lichtdesign-Kurs an der Universität. Während die anderen Studenten dachten, dass Beleuchtungskörper nur durch Lampenschirme variiert werden könnten und sich entsprechend damit zufrieden gaben, nur Form oderMaterial der Schirme zu verändern, überlegte ich mir, ob man denn nicht nur aus den Basiselementen Strom, Stromkabel und Glühbirnen etwas Neues schaffen könnte. Schließlich fertigte ich ein Konstrukt aus geflochtenen Kabeln. Daraus entstanden die Knoten-Serie und die Obsession-Serie.“

Lee hat das Talent, vertraute Alltagsmaterialien mit neuen Augen zu sehen. Er lässt uns ihren ästhetischen Reiz neu entdecken, indem er z.B. durch Verflechten von Stromkabeln, Gartenschläuchen und PVC-Röhren, wie sie überall im Haus zu finden sind, neue Objekte schafft. Die „herumverknoteten“ Kabel, die lang von der Decke herunterhängen, wirken frisch in ihrer Rohheit und schön im Sinne der „Ästhetik der Verknotung“. Die Harmonie, die sich durch das Zusammentreffen von massengefertigtem Industriematerial und Handstrickerei ergibt, ist erfrischend und humorvoll zugleich. Seine Werke erinnern den einen an Fischkutterleuchten zum Anlocken von Fischen, den anderen an Strickarbeiten.

„Ich sehe heute noch meine Mutter vor mir, wie sie Pullover und Schals für mich strickte, als ich klein war“, erinnert sich Lee. „Die Muster und Gewebe, die sie aus den bunten Wollfäden schuf, waren beeindruckend. Mit dieser Erinnerung im Hinterkopf verknüpfe ich heute sorgfältig und lückenlos Faden für Faden. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass der Erfolg eines Designs vom Detail abhängt. Letztendlich ist es ein Kampf um elaborierte Details und künstlerische Perfektion. Mein dauerhafter Erfolg auf der internationalen Bühne ist ausschließlich Resultat meines Strebens nach Perfektion bis zum letzten Feinschliff. Man muss fokussiert bleiben.“

Lee erinnerte sich an das Haus seiner Großeltern in Cheongpyeong, Provinz Gyeonggi-do, das er als Kind oft besuchte. Während der Schulferien half er den Großeltern auf dem Hof und lernte dabei, wie man mit den Händen arbeitet. In den Augen des Enkels schienen die Hände des Großvaters magische Kräfte zu besitzen: Er brauchte nur die Zweige von Zweifarbigem Buschklee zusammenzubinden und schon wurde daraus ein ordentlicher Besen! Unvergesslich blieb auch, wie er Garben aufschichtete. Damals erkannte Lee, dass Design der Prozess ist, durch den gewöhnliche, grobe Materialien durch die Hand des Menschen verwandelt werden. Die Erinnerungen an den Großvater und die Kindheitserfahrungen auf dem Land sind eine Quelle der Inspiration für seine Handarbeitsprojekte.

„Ich sehe heute noch meine Mutter vor mir, wie sie Pullover und Schals für mich strickte, als ich klein war. Die Muster und Gewebe, die sie aus den bunten Wollfäden schuf, waren beeindruckend. Mit die-ser Erinnerung im Hinterkopf verknüpfe ich heute sorgfältig und lückenlos Faden für Faden. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass der Erfolg eines Designs vom Detail abhängt.“

Design, das die Vorstellungskraft anregt

„Das Projekt Fatto a Mano for the Future in Kollaboration mit der Modemarke Fendi im März 2011 bestätigte erneut meinen Glauben an das Werken mit den Händen“, erzählt Lee. „Während ich an der Steite eines Meisterhandwerkers von Fendi sitzend Lederstreifen flocht, wurde ich mir wieder einmal bewusst, dass die Akribie, mit der Streifen egal welchen Materials immer und immer wieder miteinander verflochten werden, schon seit langer Zeit die Zukunft ist. Die Ästhetik dieser intensiven Verflochtenheit muss einfach jeden Betrachter berühren. Diese simple Tätigkeit lässt die Zeit schnell vergehen und hilft, seine Gedanken zu ordnen. Wenn durch die Bewegung der Hände etwas Gestalt annimmt, wird die Vorstellungskraft beflügelt, die zur nächsten Stufe des kreativen Schaffens führt.“

Die Sessel seiner Obsession-Serie, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit den koreanischen Ramyeon-Nudeln auch „Ramyeon-Sessel“ genannt werden, sind ein Hit, egal in welcher Galerie auf der Welt sie auch präsentiert werden. Schon allein bei ihrem Anblick stürzen sich die Kinder darauf, probieren sie aus, fassen sie an und haben ihren Spaß daran. Sie sind keine Sitzmöbel mehr, sondern Spielplätze. Herausragendes Merkmal und Philosophie von Lees Design ist Flexibilität: Seine Arbeiten regen die Vorstellungskraft des Zuschauers an und lassen sie über unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten für ein Objekt nachdenken. Sein Ziel ist es, Möbel zu kreieren, die je nach Raum unterschiedliche Geschichten in sich bergen.

„Letztendlich ist auch Design eine Art Storytelling“, erklärt Lee. „Eins meiner Werke aus korrodiertem Kupfer habe ich mit Shape of a River betitelt. Wenn ich mich richtig an die Arbeit mache, fällt mir automatisch ein Titel ein. Ich beginne einfach, aber dann weitet sich die Arbeit aus, dieser ganze Prozess ist für mich interessant. Wenn die einzelnen Stufen öfter wiederholt werden, kommt letztendlich auch ein gutes Design zustande.“

Letztes Jahr baute Lee ein dreistöckiges Mehrfamilienhaus im Seouler Viertel Seongsu-dong um und richtete dort seine Werkstatt ein. Die ursprüngliche Form des alten Backsteingebäudes wurde beibehalten, während metallische Materialien Ordnung in den Raum bringen. Die schlichte Schönheit der Werkstatt ähnelt Lees Designs. Die Lage ist optimal, da sich in der Nähe die Fabriken befinden, die mit ihm zusammenarbeiten. Mit dem Schweißer und dem Kunststoffverarbeiter, die seine Arbeiten verstehen und ähnlich wie er denken, arbeitet er z.B. schon über zehn Jahre zusammen. Sie sind Gleichgesinnte, die ihn bei seinen manchmal verstiegenen Experimenten voll unterstützen und gelegentlich eigene Ideen beisteuern.

“Obsession-Serie, Lee Kwang-ho, 2010; PVC

O’sulloc 1979 (Detail), Seoul, Lee Kwang-ho, Kollaboration mit Grav, 2017; Granit, Email, Kupfer, Aluminum, Edelstahl, Styropor, Glas und Holz

Sich erweiternde Kollaborationsmöglichkeiten

Inzwischen hat Lee über seine Firma „kLo“ (kwangho Lee office) Kollaborationen mit verschiedenen Marken wie Christian Dior, Swarovski, Onitsuka Tiger und GENTLE MONSTER durchgeführt. In jüngster Zeit weitet sich der Radius solcher Projekte aus. War er früher vor allem bei Modemarken gefragt, weil seine kunsthandwerklichen Techniken Parallelen zur Stoffweberei aufweisen, so erhält er heute auch Aufträge von Hotels und großen Unternehmen.

Das neue Firmengebäude des koreanischen Kosmetikherstellers AmorePacific Group, das 2017 fertig gestellt wurde, ist ein Beispiel dafür. Das von dem britischen Architekten David Chipperfield entworfene Gebäude präsentiert eine unkonventionelle Raumstruktur, der an vielen Stellen Lee Kwang-hos Design-Handschrift abzulesen ist. Die gut strukturierte, geräumige Lobby im Erdgeschoss lädt die Besucher ein, auf den in Rot, Blau, Gelb, Grün und Braun leuchtenden Sitzmöbeln seiner Obsession-Serie Platz zu nehmen. Auch Raumgestaltung sowie Design von Möbeln und Beleuchtung von „O’sulloc 1979“, der Premium-Line-Teestube der Teemarke O’sulloc, und des „O’sulloc Tea House“ stößt bei der Kundschaft auf positive Resonanz. Die Räumlichkeiten vermitteln das Gefühl, sich in natürlicher Umgebung – in einem großen Wald oder einer Höhle – bei einem Tee zu entspannen.

„Ich habe Granit verwendet, weil ich die gut sichtbare, über lange Zeiträume entstandene Körnung dieses Gesteins mag. Das Projekt mit AmorePacific bleibt mir besonders in Erinnerung, weil ich dabei die Eigenschaften, die Beschaffenheit und die Massivität des Gesteins nutzen konnte,

Shape of a Rive-Serie, Lee Kwang-ho, 2017; Kupfer

um Werke unterschiedlicher Formen und Funktionen zu schaffen und in Räumen zum Einsatz zu bringen. Bei größeren Projekten wie diesem spielt gerade die künstlerische Vollendung kleinerer Elemente eine noch wichtigere Rolle. Dabei habe ich natürlich die räumliche Konfiguration des Großgebäudes berücksichtigt, doch letzten Endes wurde mir erneut bewusst, dass mein Perfektionismus Kernpunkt und Lösungsschlüssel ist. Ich gehe meinen Weg beständig weiter, indem ich Erfahrungen mit Materialien sammele, mit denen ich bislang noch nicht gearbeitet habe.“

2017 stand Lee erneut im internationalen Rampenlicht, als er auf der internationalen Design-Ausstellung Mercado, Arte, Design (MADE) in Brasilien als „Designer des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Für die zweite Hälfte dieses Jahres plant er eine Solo-Ausstellung in der Galerie Salon 94 in New York.

Chung Jae-sukKulturredakteurin, Tageszeitung JoongAng Ilbo

전체메뉴

전체메뉴 닫기