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Um die Zeit, wenn nur noch eine Handvoll rot gefärbter Blätter an den Zweigen hingen, waren alle Familienmitglieder emsig mit den Vorbereitungen auf den Winter beschäftigt. Die im Gemüsegarten gezogenen Chinakohlköpfe mit ihren dicht an dicht liegenden Blättern wurden geerntet und im Hof gestapelt. Danach wurden die Kohlköpfe halbiert und mit ihren gelben Herzblättern nach oben zum Einsalzen in Bottiche gelegt. Die großen Kimjang-Festivitäten (Kimjang: Einlegen des Kimchi-Wintervorrats) begannen und erfüllten das ganze Haus mit dem pikanten Aroma der Gewürze.
Kimchi steht nicht nur für die koreanische Küche an sich, sondern ist quasi auch ein Repräsentant der koreanischen Kultur. Dieses fermentierte Nahrungsmittel wurde von unseren Vorfahren entwickelt, um die Gemüseversorgung für die Wintermonate zu sichern. Reich an Milchsäurebakterien, entwickelt Kimchi während des Reifeprozesses eine Vielzahl distinktiver Aromen.
Wird Baechu (Chinakohl) in Salz eingelegt, behält der Kohl seine knackige Frische, beginnt jedoch gleichzeitig zu gären, da die Enzyme im Salzwasser eine chemische Reaktion mit den im Kohl enthaltenen Ballaststoffen in Gang setzen. Die Würzmischung – eine Kombination aus verschiedenen pflanzlichen und tierischen Zutaten wie Rettichstifte, Knoblauch, Lauch, Chilipulver, fermentierte Meeresfrüchte, Tintenfisch und Pinienkerne – verwandelt Kimchi in ein perfektes, lange haltbares Nahrungsmittel. Das so zubereitete Kimchi wird traditionell in tönernen Vorratskrügen in der Erde gelagert und die Wintermonate über verzehrt. Heutzutage wird Kimchi jedoch oft in speziellen, hochmodernen Kimchi-Kühlschränken aufbewahrt.
Da Kimchi je nach Region und Familienrezept unterschiedlich zubereitet wird, lassen sich an die 200 verschiedene Sorten unterscheiden. Rote Chilischoten wurden Mitte des 18. Jhs zum Würzen hinzugefügt und bei dem Chinakohl, der heutzutage als Hauptzutat verwendet wird, handelt es sich um eine veredelte Sorte, die im späten 19. Jh. nach Korea kam, wo Chinakohl bereits ab dem 15. Jh. angebaut wurde. Nach den Olympischen Sommerspielen 1988 in Seoul gelangte Kimchi zu internationaler Bekanntheit. Der Export begann 2000 und im Dezember 2013 wurde die uralte Kimjang-Kultur des Herstellens und Teilens von Kimchi in die Liste des Immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Heutzutage kaufen viele vakuumverpacktes Kimchi im Supermarkt oder bestellen die Beilage online, anstatt sie selber einzulegen. Aber sobald die Kimjang-Zeit naht, vermisse ich immer noch die alten Zeiten, als ich den Kopf so weit in den Nacken legte, dass er gen Himmel zeigte, und darauf wartete, dass meine Tante mir einen Streifen frisch eingelegten Chinakohl-Kimchi in den Mund fallen ließ.