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2019 WINTER

Kranichtanz Getragen von derWürde eines Gelehrten

Der traditionelle koreanische Volkstanz Hakchum (Kranichtanz), der aus der RegionDongnae in der Stadt Busan stammt, bringt die Erhabenheit der konfuzianischenGelehrten der Joseon-Zeit durch Nachahmen der Bewegungen eines Kranichs zumAusdruck. Mangels historischer Aufzeichnungen lässt sich nur vermuten, dass sichder Kranichtanz aus anderen Formen des koreanischen Volkstanzes entwickelte. DerDongnae-Hakchum, der von der Stadt Busan zum Immateriellen Kulturgut Nr. 3 designiertwurde, zeichnet sich durch die besondere Spontaneität seiner Improvisationen aus.

Der Kranichtanz aus der Region Dongnae, der in einer Gruppe von wenigstens drei bis maximal Dutzendenvon Tänzern aufgeführt wird, steht für hehren Geist und Ideale der konfuzianischen Gelehrten, die durchNachahmung der Bewegungen eines Kranichs symbolisch zum Ausdruck gebracht werden.

Dongnae ist heute zwar nur noch einer von vielen Verwaltungsbezirken der Millionenstadt Busan, aber während der Joseon-Zeit(1392-1910) war es ein wichtiges regionales Verwaltungzentrumund ein Dreh- und Angelpunkt von Kunst und Kultur. Die Ausbildungsstätte für Gisaeng (professionelle Unterhalterin), die sich gleich neben dem örtlichen Regierungsbüro befand, wurde von wohlhabenden Kunstliebhabernfrequentiert, und die berühmten natürlichen heißen Quellen in der Gegendzogen Herrschaften mit viel Zeit und gutem Geschmack an.

Im Dongnae-Yaryu, einer lokalen Version des Maskentanz-Schauspiels,die um den ersten Vollmondtag des Mondjahres aufgeführt wurde, trateneine Reihe unterschiedlicher Tänzer auf. Der lokalen Überlieferung nachsoll eines Tages ein als Yangban (Hochwohlgeborener) verkleideter Mannerschienen und einen Tanz aufgeführt haben. Das Publikum war von derAnmut seiner an einen tanzenden Kranich erinnernden Bewegungen sofortin den Bann geschlagen. Dieser Moment war die Geburtsstunde des "Dongnae-Kranichtanzes".

Lee Seong-huns Kurzfassung über Ursprung und Hintergrund des Tanzes,für den er in Anerkennung seiner Expertise von der Stadt Busan als "Trägerdes Immateriellen Kulturgutes Nr. 3" ausgezeichnet wurde, ist vielleicht aberauch keine vollständige Erklärung.

"Es ist ein Volkstanz. Zeitpunkt oder Details seiner Entstehung wurden niedokumentiert, sodass sich lediglich auf Basis der Erinnerungen der Ortsältesten von Dongnae Vermutungen anstellen lassen", sagte Lee. "Was dasImmaterielle Kulturerbe betrifft, so existiert kein Archetyp, sodass unzählige Variationen und Änderungen unvermeidlich sind. Da die Japaner währendder Kolonialherrschaft (1910-1945) den Tanz in ihrem Versuch, die koreanische Kultur auszulöschen, verboten hatten, dürfte er vor dieser Zeit in wohletwas anderer Form aufgeführt worden sein."

Für Lee Seong-hun liegt der besondereCharme des Dongnae-Kranichtanzesin den zwischen den Sets festgelegterBewegungen eingefügtenImprovisationen.

"Obwohl HerrLee wederbesonders großnoch besondersstattlich gebautist, füllt er beimTanzen die ganzeBühne. Es ist,als ob er einenKranich in sichtrüge.”

Geist der konfuzianischen Gelehrten

Wie auch immer der Anfang und die Urform gewesen sein mögen: In seiner jetzigen Form ähnelt er dem Volksmaskentanz Deotbaegichum aus derim Südosten Koreas gelegenen Region Gyeongsang-do, wurde jedoch umdie Nachahmung Kranich-typischer Bewegungen ergänzt. Anzumerken ist,dass die Tänzer, die in der Maske ehrenwerter konfuzianischer Gelehrter diegraziösen Bewegungen eines Kranichs nachahmten, keine echten Gelehrtenwaren.

"Die Seonbi (konfuzianische Gelehrten) der Joseon-Zeit, die sich ausschließlich ihren Studien zu widmen hatten, hielten Tanzen für unter ihrer Würde",erklärte Lee. "Dennoch ist der Kranichtanz von ihrem Geist durchdrungen.Wahrscheinlich assoziierte man den erhabenen Charakter eines Seonbi mitder würdevollen Anmut eines Kranichs. In diesem Sinne haben die Tänzerder Vergangenheit wohl versucht, Geist und Ideale der Gelehrten zum Ausdruck zu bringen."Der Kranichtanz war ursprünglich ein Solotanz, wird heutzutage aber oftin Gruppen von drei bis zu mehreren Dutzend Tänzern aufgeführt. Der ausdreizehn festgelegten Grundbewegungen bestehende Tanz dauert ungefähr14-einhalb Minuten. Krönung und Quintessenz ist für Lee Baegimsawi, eineBewegung, bei der der Tänzer ein Bein weitnach vorne setzt und mit gebeugtem Knieauf und ab federt. Ebenfalls bemerkenswertsind die Verkörperung eines fliegenden Kranichs, für den der Tänzer mit weit schwingenden Armen läuft, sodass die ausladenden Ärmel seines Gewands wellenartig nachhinten fließen, sowie die Darstellung einesnach Nahrung suchenden Vogels. Bei derletzteren schwingt der Tänzer die Arme indie Luft, um sie dann am unteren Ende desRückens zusammenzubringen, wobei er sichin der Taille nach vorne beugt und seinenHals von einer Seite zur anderen reckt.

Diese scheinbar einfachen Bewegungenerfordern für eine korrekte Ausführung einnicht geringes Maß an Übung und Geschick."Während sich der Tänzer im westlichenBallett auf die Zehenspitzen stellt, setzt erbei den meisten traditionellen koreanischenTänzen mit der Ferse auf, aber beim Kranichtanz quasi mit der ganzen Sohle desFußes. Es gilt, selbstbewusste Würde auszustrahlen, auch wenn man gleichsam mitgebeugtem Rücken über ein Schneefeld trottet", sagte Lee.Der schwierigste Teil des Tanzes ist dasAtmen. Lee erklärte: "Wenn man die Intensität der Atmung auf einer Skala von 1 bis10 misst, bewegen sich andere traditionelleTänze wie Seungmu (Mönchstanz) oder Salpuri (Tanz zur Vertreibung des Bösen) sanftzwischen den Stufen 2 bis 7, während beimKranichtanz die Atmung intensivere Sprünge aufweist, also z.B. auf 2 sinkt, um dannurplötzlich auf 8 hochzuschnellen."

Ein weiteres Charakteristikum sind diespontanen, zwischen den festgelegten Tanzfiguren eingefügten Komponenten, die dieeinzelnen Tänzer in freier, aber geordneter Weise improvisieren, wobei sie jedochstets die Beschaffenheit der Bühne und dieGesamtzahl der Tänzer bedenken.

"Ich nenne es lieber ‚Improvisation‘ als‚Freier Tanz‘, denn der letzteren Bezeichnung fehlt etwas der gebührende Respekt",sagte Lee. "Die beiden Begriffe mögennoch so ähnlich sein, aber meiner Ansichtnach beeinflusst eine korrekte Bezeichnung die Einstellung des Tänzers. DieImprovisationen ermöglichen die Harmonie von künstlerischer und natürlicher Ästhetik, die zu einem vornehmen Ganzen verschmelzen."

Lee Seong-hun (Mitte) führteeine Gruppe von Tänzern bei derDarbietung des Dongnae-Kranichtanzesim Kunst- und Kulturzentrum Osan an(6. Sept. 2019). Die Aufführung war Teileines Events mit dem Titel "Sollen wirpungnyu?" (pungnyu: sich der FeinenKünste erfreuen)

Einzigartige Begleitung

Der Kranichtanz wird von typischen Schlaginstrumenten begleitet, darunterKkwaenggwari (Handgong), Jing (großer Gong), Janggu (Sanduhrtrommel)und Buk (Trommel). Ein weiteres Element, das sich in anderen Volkstänzennicht findet, ist das begleitende Gu-eum (Summen). Gu-eum umfasst die Imitation koreanischer Instrumente wie Gayageum (zwölfsaitige Zither), Ajaeng(große siebensaitige Zither) oder Haegeum (zweisaitige Fidel), die Imitationvon Geräuschen der Natur sowie melodisches Summen und Ausrufe.

Lee stimmt seine Bewegungen auf das Summen ab und nicht auf den Handgong, der dem Tanz seine rhythmische Struktur verleiht: "Die menschlicheStimme drückt Gefühle aus, daher fällt esmir leichter, mich in den Tanz einzufühlen.

Die Schlaginstrumente werden unter dieStimme eingelegt. Die Stimme rundet ab,indem sie auffällige Instrumentengeräuscheunterdrückt."

Der Sänger gibt keine kohärenten Lautfolgen mit Bedeutung oder strukturierter Formvon sich, sondern gleitet quasi auf den Tanzbewegungen und füllt den Bühnenraum zugeeigneten Zeiten und Anlässen. Aber daskann nicht jeder Sänger. Lees langjährige Mitarbeiterin ist die Sängerin Kim Sinyeong.

Bevor Kim ihre Lehrerin traf, war das Singen für sie reiner Zeitvertreib undüber das Summen wusste sie nichts: "Die Stimme meiner Lehrerin war völlig anders als alles, was ich davor je gehört hatte, sie besaß einen unerklärlichen, ans Herz rührenden Reiz." Leider war es nicht möglich, direkt vonihr zu lernen, weshalb Kim jede Gelegenheit nutzte, sie bei ihren öffentlichen Auftritten summen und singen zu hören. "Um herauszufinden, welcherKlang am besten zu mir passt, musste ich mich zunächst einmal mit der ganzen regionalen Vielfalt der traditionellen Lieder und Klänge vertraut machen,darunter die der nordwestlichen Provinzen (Seodo-Sori), der südlichen Provinzen (Namdo-Sori) und der zentralen Provinz Gyeonggi-do (Gyeonggi-Sori). Irgendwann konnte ich dann auf Basis meiner Erfahrungen für jedes derverschiedenen Tanzgenres einen passenden Summstil bestimmen."

Der Stegreifcharakter des Summens macht es eher zu einer intuitiv erworbenen Fähigkeit als zu einer Technik, die durch formelles Training erlerntwerden kann. Im Gegensatz zum epischen Sologesang Pansori oder anderenVolksliedern gibt es beim Kranichtanz keinen Handlungsstrang, der den Sänger inspirieren könnte, weshalb ihrerseits "das Summen besser wird, je besser der Sänger den Tanz vesteht", erklärte Kim.

"Der Sänger kann beim Singen den Tanz erfassen oder auch nicht. Erfasster ihn nicht, bedeutet es, dass der Sänger noch wenig Erfahrung und Gefühlfür den betreffenden Tanz hat ", sagte Kim. "Ich fühle mich wohl, wenn ichzu Meister Lees Tanz singe. Wir haben schon so lange zusammengearbeitet, dass ich eine klare Vorstellung von seinem Tanzstil habe und auch davon,wie ich meinen Gesang auf jedes Detail seiner Tanzbewegungen abstimmen kann. Esist noch nicht so lange her, dass ich dieseStufe erreicht habe. Es gibt andere Tänzer, die ebenfalls ausgezeichnet sind, abermit denen es für mich etwas schwierig ist,zusammenzuarbeiten. Dann kann ich nichtso singen, wie ich eigentlich möchte."

Lee, der Kim aufmerksam zugehört hatte,sagte mit fester Stimme: "Nachdem sich einSänger alle Formen des Singens angeeignet hat, muss er versuchen, alle Formen dermenschlichen Freuden und Leiden durchseine Stimme zum Ausdruck zu bringen.

Die Klänge aus den Tagen der Not, denendes Glücks und denen des Schmerzes müssen tief aus der Kehle aufsteigen und überseine Lippen quellen. Da der Klang seinerStimme sein eigenes Leben widerspiegelt,sollte er sich in kritischer Selbstbetrachtungschulen. Dadurch kristallisiert sich schließlich der Charakter seiner Stimme und seinesGesangs heraus."

Das dürfte sich Lee in den letzten dreißig Jahren auch immer wieder selbstgesagt haben, wenn er versuchte, Tanz "aus seinem Körper herauszuziehen".

Sein Tanz scheint von allen bestimmenden Momenten seines Lebens geprägtworden sein: von dem Tag, als er als Fünfzehnjähriger aus dem Elternhausgeworfen wurde, weil er das Tanzinstitut, in dem er zufällig vorbeigeschauthatte, nicht vergessen konnte und Tänzer werden wollte; von den zehn Jahren seiner Jugend, die er in einem Tanzinstitut lebte und die kalten Blicke deranderen ertragen musste; von der Zeit, in der er nach einer Muskelverletzungvom modernen zum traditionellen Tanz wechselte; und von dem Moment, alser schließlich den Kranichtanz für sich entdeckte, während er die DarstellendenKünste der Region Dongnae studierte.

Kim antwortete auf Lees Rat mit einem verständnisvollen Nicken: "Meine Lehrerin sagte, dass eine wahre Sängerin nicht nur mit dem Mund, sondern mitihrem ganzen Körper und Geist singen muss. Man sollte viele Tränen vergießenund viel lernen, um das ganze Universum in seinen Gesang einfließen zu lassen."

Lee Seong-hun, mit 15 aus demElternhaus geworfen, verfolgteseinen Traum vom Tanzen in demTanzinstitut, wo er auch lebte. In denfrühen 1980er Jahren begann er alsMitglied des Tanzensembles der StadtBusan mit Aufführungen des DongnaeKranichtanzes. 2016 wurde er von derStadt Busan für seine Vorführungen alsTräger des Immateriellen KulturgutesNr. 3 ausgezeichnet.

Die Vokalistin Kim Sin-yeong, dieden Kranichtanz mit Summen begleitet,ist bemüht, ihren eigenen Summstil zuschaffen, der den ihrer verstorbenenLehrerin Yu Geum-seon noch übertrifft
© Ahn Hong-beom

Ans Herz rührende Tänze und Gesänge

Der Tänzer und die Sängerin, die so lange zusammen aufgetreten sind, sagten über die Kunst des anderen: "Obwohl Herr Lee weder besonders groß nochbesonders stattlich gebaut ist, füllt er beim Tanzen die ganze Bühne. Es ist, alsob er einen Kranich in sich trüge."

Und Lee kommentierte: "Der Sänger muss auch den Charakter des Tänzers gutkennen. Da Kim Sin-yeong meine kleinen Marotten genau kennt, kann ich gutnach ihrem Summen tanzen. Aber sie muss sich von ihrer verstorbenen Lehrerin lösen. Selbst wenn sie das Klanggefühl ihrer Lehrerin beibehält, muss sieversuchen, einen eigenen, unverwechselbaren Klangstil zu schaffen. Das magzunächst vielleicht nicht so gut ankommen, aber nur so kann sie einen originärenStil kreieren."

Nach seiner Arbeit befragt, wirkt der Tänzer, der nun seinen Tanz bzw. seineKunstwelt getrennt von seinem realen Ich bzw. seiner realen Welt betrachtenkann, gelassen. Er sagte, dass er seine eigene Fantasiewelt erschaffe, sobald erauf der Bühne stehe und die Musik zu spielen beginne. Dann fühle er sich, alsob er durch ein Shangri-La streife. In dieser seiner eigenen Fantasiewelt gebe ersich Mühe und versuche, sich Jahr für Jahr weiter zu verbessern.

Aus der Antwort der Sängerin, die wohl glaubt, aus ihrer Stimme noch nichtalles herausgeholt zu haben, sprach so viel Bescheidenheit wie aus der bedeckten Haltung, in der sie neben dem Tänzer saß. Kim sagte, dass der summendeSänger eine begleitende Rolle im Kranichtanz spiele, weshalb er dem Tanz folgen und sich völlig darin verlieren müsse. Sie warte auf den Tag, an dem siesich völlig in den Sänger einfühlen kann. Trotz der subtilen Unterschiede inihren Antworten stellten sich wohl beide Künstler in ihrer Fantasie vor, wie tausend Tänzer auf dem Gwanghwamun-Platz im Herzen Seouls den Kranichtanzaufführen. Während sich die tausend Tänzer mit der Würde eines edel gesinnten Gelehrten bewegen, ihre langen weißen Gewänder im Wind flattern und dersummende Gesang durch Himmel und Erde schwingt, würde die Welt ein nochschönerer Ort werden, zumindest um soviel schöner wie ihre Anstrengungen fürden Tanz und den Gesang.

Kang Shin-jaeFreelance Writer

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