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2020 AUTUMN

Spezial

Lieferindustrie: Ein Blick hinter die KulissenSpezial 4Die Welt von Paketentladern in Comics

Online bestellte Produkte laufen durch viele Hände, bevor sie an den Kunden ausgeliefert werden. Das Ausladen von Paketen aus schwer beladenen LKWs ist ein Teil des Prozesses. Der Comiczeichner Lee Jong-chul, der sechs Jahre lang als Paketentlader arbeitete, stellt seine eigenen Erfahrungen und Episoden, die seine Kollegen erlebten, in seinem 2019 veröffentlichten Comicbuch Kkadaegi dar.

Ich absolvierte eine Kunsthochschule in einer Provinzstadt und zog dann ohne irgendwelche konkreten Pläne nach Seoul, um meinen Kindheitstraum, Comiczeichner zu werden, zu verwirklichen. Meine Eltern unterstützten mich eine Weile finanziell, aber das Geld, das sie schickten, reichte vorne und hinten nicht für das Leben in einer Stadt wie Seoul. Daher musste ich meinen Unterhalt selbst verdienen, während ich auf mein Debüt als Comiczeichner hinarbeitete. Ich dachte, es wäre ideal, fünf bis sechs Stunden zu arbeiten und den Rest des Tages Zeichnen zu üben. Mir fiel ein Stellenangebot für Be- und Entlader für die Frühschicht ins Auge. Würde das nicht zu anstrengend sein? Ich zögerte etwas, aber die Arbeitsstätte war in der Nähe meines Wohnortes und die Bezahlung lag zwei- bis dreitausend Won (rd. 1,5 bis 2 Euro) über dem Mindeststundenlohn, was mich zum Anrufen verleitete. Die Person am anderen Ende der Leitung fragte, ob ich am nächsten Tag anfangen könne. Ich sagte, das gehe. So begann mein „Nebenjob als Paketentlader“.

Der Comiczeichner Lee Jong-chul stellt seine Erlebnisse als Teilzeit-Paketentlader für eine Lieferfirma in Kkadaegi (Bori Publishing, 2019), seinem ersten Comicbuch, dar. Es fand aufgrund seiner einzigartigen Thematik und Motive, die die Marginalisierung in der koreanischen Gesellschaft beleuchten, große Beachtung auf der Leipziger Buchmesse 2019.

Erster Teilzeitjob
Online georderte Produkte durchlaufen mehrere Schritte, bevor sie den Endkunden erreichen. Zuerst bestätigt der Verkäufer die Bestellungen und verpackt die Produkte, dann bringt ein Abholfahrer des Partnerpaketdienstes die Bestellung zu einer regionalen Zustellbasis. Dort werden die Pakete in LKWs geladen und zum überregionalen Frachtzentrum des Paketdienstes gebracht und über Nacht anhand ihrer Lieferanschrift nach Zielregion sortiert. Teilzeitbeschäftigte verladen die Pakete dann in LKWs, die gegen Morgengrauen zu den regionalen Logistikzentren aufbrechen, wo die Sendungen ausgeladen und von den Paketboten an die Empfänger zugestellt werden.

Meinen ersten Teilzeitjob fand ich im regionalen Logistikzentrum eines Paketdienstes. Am ersten Tag fragte der Niederlassungsleiter, ob ich schon einmal „Kkadaegi“ gemacht hätte. Das ist der Fachjargon für das Ein- und Entladen von Paketen in bzw. aus LKWs. Ich sagte ihm, ich hätte überhaupt keine Erfahrung. Der Leiter stellte mich einem anderen Teilzeitbeschäftigten vor, der im Team mit mir zusammenarbeiten werde. Es war ein graumelierter Mittfünfziger. Er war zwar etwas schroff, erklärte mir aber Schritt für Schritt, was ich zu tun hatte und fragte mich nur nach meinem Nachnamen. Da die Mitarbeiter wegen der körperlich anstrengenden Arbeit oft wechselten, hielt er es wohl nicht der Mühe wert, nach meinem vollständigen Namen zu fragen. Er nannte mich „Lee“ und ich nannte ihn „Herr Uh“.

Ein 11-Tonner transportierte durchschnittlich 700-800 Stück, gelegentlich mehr als 1.000.
Wir arbeiteten in Zweierteams, um im Durchschnitt vier bis fünf Lastwagen pro Tag zu entladen. Das Ausladen dauerte im Schnitt 40 bis 50 Minuten pro LKW.

Ich lernte Leute mit völlig unterschiedlichem Hintergrund kennen: einen Athleten, der als Torhüter in der K3-Liga gespielt hatte; einen Mann, der sich auf die Einstellungsprüfung für Polizeibeamte vorbereitete; einen Arbeiter, der jung geheiratet hatte, mit seinem Verdienst in einer Halbleiterfabrik aber die Lebenshaltungskosten nicht decken konnte, weshalb er in Teilzeit dazuverdiente; einen Mann mittleren Alters, der nach 30 Dienstjahren als Beamter in Pension gegangen war, und unseren Teamleiter, einen Mittvierziger, der sich allein um seine kranke Mutter kümmerte. Jeder hatte seine eigene Geschichte.

„Dosen“ und Rückenbandagen
Unsere Aufgabe war, die aus dem Frachtzentrum gelieferten Pakete aus den LKWs zu laden und auf das Förderband zu legen. Die Zusteller warteten am Band, um sich dann die Pakete mit den Adressen, die in ihrem jeweiligen Bezirk lagen, zu nehmen. Ein 11-Tonner transportierte durchschnittlich 700-800 Stück, gelegentlich mehr als 1000. Wir arbeiteten in Zweierteams, um im Durchschnitt vier bis fünf Lastwagen pro Tag zu entladen. Das Ausladen dauerte im Schnitt 40 bis 50 Minuten pro LKW. Nach nur einer Fuhre fühlten sich meine Beine wackelig an. Die LKW-Anhänger, „Dosen“ genannt, waren schlecht belüftet und stickig; kaum hatte ich angefangen zu arbeiten, brannte mir auch schon der Staub in Rachen und Nase, und ich brach am ganzen Körper in Schweiß aus. Mir wurde klar, warum der Lohn 2.000 bis 3.000 Won höher als der Mindestlohn war. Die Arbeit begann um sieben Uhr früh und endete nach der Mittagszeit. Erst dann machten sich die Paketboten auf den Weg, um die Bestellungen an die ungeduldig wartenden Kunden zu liefern.

Mit der Zeit kam ich den Zustellfahrern näher. Sie arbeiteten in der Regel von 7 Uhr morgens bis spät abends, in der Hochsaison, wenn sich die Lieferungen stauten, sogar bis weit nach Mitternacht. Pro Lieferung verdienten sie eine bescheidene Gebühr von weniger als 1.000 Won. Die Paketzusteller wollten, dass wir schneller arbeiten, damit sie schneller aufbrechen konnten, während wir hin und wieder eine Pause einlegen wollten. Solch gegensätzliche Standpunkte führten manchmal zu Konflikten.

Die Arbeitsbereiche der regionalen Logistikzentren befinden sich normalerweise im Freien, sodass die Arbeiter Wind und Wetter ausgesetzt sind. Wir mussten Bruthitze und Eiseskälte trotzen. Im Herbst kommt es jedes Jahr um das Erntedankfest Chuseok zu einer „Lieferkrise“. Während dieser Hochsaison stapelten sich nämlich haufenweise Reis der neuen Ernte und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, eingesalzener Chinakohl für Kimchi und fertiges Kimchi in den regionalen Logistikzentren. Wir hielten nur mit Hilfe von Rückenbandagen durch.

Herr Uh kündigte schließlich und arbeitete auf einem Agrar- und Fischmarkt am Stadtrand von Seoul, wo er nachts Gemüse trug. Ich kündigte ebenfalls und folgte ihm. Eines Tages erhielt ich von einem Verlag den Vorschlag für eine Kinder-Comicserie. Als ich Herrn Uh davon erzählte, freute er sich riesig für mich und meinte, ich solle ja nie wieder zurückkommen. Ich versprach es ihm. Doch schon bald stellte ich fest, dass ich vom Comiczeichnen alleine nicht leben konnte, weshalb ich wieder einen Nebenjob bei einem anderen Paketdienst annahm. Ich sagte aber Herrn Uh nichts davon. Er sollte sich so an mich erinnern: „Da gab es einen jungen Freund namens Lee Jong-chul, der sich, als er mit mir zusammenarbeitete, mit Comic-Zeichnen abrackerte und jetzt ein ansehnlicher Comic-Künstler ist.“

Jeder hat seine eigene Geschichte
Die Arbeit war zwar noch härter als erwartet, hatte aber auch Pluspunkte. Ich lernte nämlich Leute mit völlig unterschiedlichem Hintergrund kennen: einen Athleten, der als Torhüter in der K3 League gespielt hatte; einen Mann, der sich auf die Einstellungsprüfung für Polizeibeamte vorbereitete; einen Arbeiter, der jung geheiratet hatte, mit seinem Verdienst aber die Lebenshaltungskosten nicht decken konnte, weshalb er in Teilzeit dazuverdiente; einen Mann mittleren Alters, der nach 30 Dienstjahren als Beamter in Pension gegangen war, und unseren Teamleiter, einen Mittvierziger, der sich allein um seine kranke Mutter kümmerte. Jeder hatte seine eigene Geschichte.

Als ich meine Kollegen dann im Laufe der Zeit etwas besser kennenlernte, wollte ich ihre ans Herz rührenden Geschichten in Comics festhalten. Ich begann, mir das auf der Arbeit Gehörte zu notieren. Ich wollte ihre Geschichten weitererzählen, sie aufmuntern und trösten. Mit diesem Gedanken im Kopf brachte ich 2019 mein Comicbuch Kkadaegi heraus.

In diesen schwierigen Zeiten, in denen die ganze Welt unter der COVID-19-Pandemie leidet, zieht die Lieferbranche Aufmerksamkeit auf sich. Einerseits kann man alles, was man möchte, jederzeit und überall kontaktlos zugestellt bekommen, andererseits hört man immer mal wieder von überarbeiteten Zustellern, die aufgrund des explosionsartig angestiegenen Paketaufkommens zusammenbrechen. Die Versandkartons sind mit verschiedenen Warnhinweisen versehen wie z. B. „NICHT werfen“, „DIESE SEITE nach oben“ oder „Zerbrechlich“. Eines Tages kam mir der Gedanke, dass es gut wäre, wenn diese Warnhinweise auch für Menschen gelten würden. Daher grüße ich jetzt Leute mit: „Bitte gehen Sie mit ihrem Körper und Geist stets vorsichtig um! Sie sind zerbrechlich.“

Lee Jong-chulComiczeichner

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