Tausend Inseln, tausend Farben. Die Inseln des Kreises Sinan-gun, die in den südwestlichen KüstengewässerKoreas versprenkelt liegen, zeichnen sich durch einzigartige Naturlandschaften und Ressourcenvielfalt aus. Hierhat sich über Tausende von Jahren indigenes Wissen angehäuft, das für die Zukunft von unschätzbarem Wertist. Auf der 28. Sitzung des Internationalen Koordinierungsrats des UNESCO-Programms „Der Mensch und dieBiosphäre“, die am 19. März 2016 in Lima, Peru, stattfand, wurde das ganze Gebiet des Kreises Sinan-gun-dozum Biosphärenreservat erklärt. Damit wurde die 2009 anerkannte Fläche, die nur die Meere, Wattgebiete undInseln zwischen den beiden Inseln Jeung-do und Hong-do umfasste, erweitert.
Auf der zu Gageo-do gehörendenSeomdeung-Halbinsel erstrecken sichin 100 m Höhe weitläufige Grasflächen.Läuft man bis zum Ende der Klippen,erreicht man den südwestlichstenPunkt Koreas.
Besucht man eine Insel, füllt sich das Herz mit der Vorfreude auf exotischeLandschaften, frische Weite, Vergessen des Alltags und eine wohlverdientePause, gesichert durch die Abtrennung vom Festland. EineReise auf eine Insel ist ein Ausbruch aus dem mechanischen Alltagsrhythmus,beherrscht von einer standardisierten, kontinuierlichen Zeit, in eine dis-kontinuierlicheZeit, die den Gesetzen der Natur unterliegt. Das gilt vor allem füreine Bootsreise vom Festland zu den Inseln und von einer Insel zur anderen, beider man den Eindruck bekommt, eine Truhe voller Geschichten über den Alltagder Inselbewohner zu öffnen.
Inseln vor der Küste
Unter den Sinan-Inseln ist Ji-do die erste, die mit dem Festland verbundenwurde. Es folgten Brückenverbindungen zu den nahe gelegenen Inseln Saokdound Jeung-do, sodass diese drei Inseln auch ohne Fähre zu erreichensind. Die verschiedenen Salzpflanzen im Watt von Jeung-do, das auch zumRamsar-Feuchtgebiet erklärt wurde, kleiden sich zu jeder Jahreszeit in einanders gefärbtes Gewand. Das Wrack des Schiffes „Sinan“, das gut erhaltenan einer seichten Stelle des Meeres im Watt entdeckt wurde, ist Beweis dafür,dass die Region seit der Antike ein Knotenpunkt war, den zahlreiche Handelsschiffepassierten. Die Saline Taepyeong (Tae Pyung) Yeomjeon, eingerichtetauf trocken gelegtem Watt, wurde zusammen mit dem Salzlager aus Stein, dasheute als Salzmuseum dient, als Neuzeitliches Kulturgut registriert. Über ihrenWert als historische Ressourcen hinaus sind beide Stätten Schatzkammern derGeschichten, die von Freude, Wut, Trauer und Glück der Salzbauern erzählen.Nach 30-minütiger Fahrt vom Jeomam Passagierfähren-Terminal am westlichenEnde der Insel Ji-do erreicht man das Jilli Passagierfähren-Terminalvon Imja-do, der am nördlichsten gelegenen Insel von Sinan-gun. Der 300 mbreite und 12 km lange, weiße Daegwang-Sandstrand lässt sich im Schlenderschrittin drei, vier Stunden ablaufen. Diesem Sandstrand, der als breitesterin ganz Korea gilt, verdankt die Insel Imja-do ihren Beinamen „Moraeseom“:Insel des Sandes. Läuft man vom Strand in Richtung Meer, findet man hier undda von Leben erfüllte Wattflächen. Nachts wimmelt das Watt von Meerestierenwie Minikrebsen, die Sandbällchen formen und Bilder im goldenen Sandbodenmalen. Das Meerwasser schwappt rücksichtslos heran, wischt die Gemäldeweg und zieht sich dann wieder zurück. Doch die kleinen Künstler ruhen undrasten nicht. Am nächsten Tag ist der goldene Sandboden wieder mit neuenMotiven bestickt.
Jedes Jahr im April bietet die Daegwang-Küste einexotisches Landschaftsspektakel: Hier findet nämlichdas größte Tulpenfestival in Korea statt, das2016 bereits zum neunten Mal veranstaltet wurde.In einem 120.000 m2 großen Park, der 68.000 m2Tulpenpark und 52.000 m2 Kiefernpark umfasst,stehen im Frühling drei Millionen Tulpen in vollerBlüte. Die Idee des gartenbauwissenschaftlichenForschungsteams der Mokpo Nationaluniversität,dass der fruchtbare Sandboden der Insel in Kombinationmit reichlich Sonnenschein und angemessenerMeeresbrise optimal für den Tulpenanbausei, wurde von den lokalen Behörden angeangenommenund zu einem Erfolgsprojekt entwickelt, dasschließlich eine neue Ressource hervorbrachte. Dassdie Insel Imja-do, die durch ihre harmonische Kombinationvon natürlichen und künstlichen Ressourcen einRefugium für Erholungssuchende darstellt, von Menschenhandgeschaffen wurde, ist nicht allzu bekannt.Ursprünglich lag etwa die Hälfte des gesamten Inselgebietsunterhalb des Meeresspiegels. Über einen langenZeitraum karrten die Inselbewohner Steine herbei,die sie zu Deichen aufschichteten, um das Meer zu blockieren,sodass schließlich aus sechs nahe beieinandergelegenen Inseln eine einzige Insel wurde.
Fermentierte Minigarnelen (Saeu-jeot), eine Spezialitätaus dem Hafen Jeonjang-po im Norden der Insel,gehören in Bezug auf Geschmack und Qualität zu denbesten in Korea. Das Geheimnis: Die Garnelen werdenim Juni nach Mondkalender, wenn sie am fettestensind, gefangen und direkt an Bord eingesalzen. Danachwerden sie lange in Tonkrügen in den Steinhöhlen amFuße des Solgaesan-Bergs hinter dem Dorf am Anlegeplatzreifen gelassen, wie es nach alter, lange überlieferterTradition seit Generationen geschieht. Sohaben die fermentierten Minigarnelen von Jeonjangpo,angereichert mit bodenständigem Wissen, das alseine Art intuitive Gebrauchsanweisung fungiert, ihrenRuf als Qualitätsprodukt erhalten können. Einzigartigeregionale Spezialitäten und Slow Food können nurdurch die Tradierung von überliefertem Wissen entwickeltwerden. 2020 soll eine Brückenverbindung zwischenden Inseln Ji-do und Imja-do gebaut werden.
Blickt man von derSangsan-Bergspitze aufUi-do über das Meer inRichtung Mokpo, entfaltetsich die großartige Szeneriedes Sinan-Archipels mitseinen unzähligen Inseln.
Auf dem Gipfel der hügeligenInsel Jang-dobefindet sich ein typischesBergland-Feuchtgebiet,das in die Ramsar-Listevon Feuchtgebieten voninternationaler Bedeutungaufgenommen wurde.
Der Diamantenarchipel: Paradies für Zugvögel
Die Inseln im mittleren Bereich der Gewässer vonSinan sind in Karo-Form verteilt, woher der Beiname„Diamantenarchipel“ rührt. Hier finden sich einige derbekanntesten Inseln, von denen die Insel Bigeum-do,die die linke Spitze des Karos bildet, einen besonderenRuf als Geburtsort des Go-Meisters Lee Se-dol genießt,der jüngst gegen die künstliche Intelligenz AlphaGo dasGo-Duell des Jahrhunderts lieferte.
Die Leuchtturm-Insel Chilbal-do, die 10 km nordwestlichvon Bigeum-do liegt, bietet einen Rastplatz fürZugvögel. Fährt man die Insel frühmorgens mit einerFähre an, ist sie so mystisch in Meernebel gehüllt,dass sie gleichsam in der Luft zu schweben scheint.Chilbal-do ist eine unbewohnte Insel, deren Klippenman sich vorsichtig navigierend nähern muss, bevorman anlegen und einen Fuß auf die steilen Felsen setzenkann. Diese zum Naturdenkmal ernannte Inselist ein Refugium für Swinhoe-Wellenläufer, Weißge-sicht-Sturmtaucher und Pazifiksegler (Apus pacificus pacificus), die hier imWinter zum Brüten Rast einlegen. Sie dient vor allem als Habitat für 80 % derSwinhoe-Wellenläufer aus der ganzen Welt. Als wichtige Zwischenstation aufdem Zugweg Ostasien-Australasien, der von Sibirien nach Südostasien führt,ist Chilbal-do von Bedeutung für den Schutz der weltweiten Artenvielfalt vonVögeln. Aber auch die Inseln Hong-do und Heuksan-do sind als Rastorte fürZugvögel bekannt: 2009 suchten 80 % der Zugvögel, die Korea überqueren, dieInseln auf, und etwa 300.000 Vögel von 271 Arten wurden in der Sinan-Regiongesichtet.
Hauptanziehungspunkt für die Zugvögel ist das Watt. Die koreanischen Wattgebietegelten als weltweit bedeutend zusammen mit dem Wattenmeer der Nordsee,das von den Niederlanden, Deutschland und Dänemark begrenzt wird,den Feuchtgebieten an der Küste des amerikanischen Bundesstaates Georgia,dem Mündungsgebiet des Amazonas in Brasilien und den Feuchtgebieten ander kanadischen Ostküste. Darunter zeichnet sich der Kreis Sinan-gun durchdas landesweit größte Wattgebiet aus. Dort treten Ebbe und Flut zwei Mal proTag ein und die über tausend Inseln, die bei Flut auf dem Meer zu schwimmenscheinen, werden bei Ebbe dergestalt von Wattflächen und netzartig verlaufendenWasserläufen und Prielen umschlungen, dass sich der ungewöhnlicheAnblick von „Inseln auf dem Watt“ bietet. Die Wattflächen, die sich weitflächigüber den Diamantenarchipel in Sinans Inlandsee ausdehnen, bilden ein komplexesÖkosystem aus Watt, Dünen und Inseln, das als Habitat von zahlreichenMeerestieren eine Nahrungsquelle für Zugvögel darstellt, sodass diese Regionein wichtiger Landeplatz auf dem Zugweg geworden ist.
Die Wattflächen, die sich weitflächig über den Diamantenarchipel in Sinans Inlandsee ausdehnen,bilden ein komplexes Ökosystem aus Watt, Dünen und Inseln, das als Habitat von zahlreichenMeerestieren eine Nahrungsquelle für Zugvögel darstellt, sodass diese Region ein wichtigerLandeplatz auf dem Zugweg geworden ist.
Südwestlich der Insel Docho-do liegt Ui-gundo, eine Inselgruppe, die Haufenvon kleinen und großen Steinen gleicht. Auf der Hauptinsel Ui-do sind der BergDori-san, gesäumt von silbernen Magnolien und Kamelien, ein Sandstrand, deran eine Wüstenlandschaft erinnert, und steile goldene Sandhügel zu sehen.Wegen der fortschreitenden Sanderosion ist die Insel Ui-do jedoch bis 2010 fürden Publikumsverkehr gesperrt. An einer anderen Ecke der Insel erheben sichFelsenhügel, an denen sich bei Regen zahlreiche kleine Wasserfälle bilden,die wild verzweigt herabfließen. Kehrt man entlang der 4 km langen Streckevom westlichen bis zum östlichen Ende der Insel hier und da in einem der Weilerein, wird einem die Stille und Heimeligkeit bewusst, die den gewundenenGassen und Wegen entlang der Einfriedungsmauern, die schwarz von Moosbedeckt die Zeitläufte in sich tragen, entströmt.
2018 wird die Saecheonnyeon-Brücke (Brücke des Neuen Millenniums) eröffnet,die die Insel Apae-do, die als Sitz der Kreisbehörde von Sinan-gun bereitsans Festland angebunden ist, und die Insel Amtae-do auf der oberen rechtenSeite des Diamantenarchipels verbinden wird. Diese beschleunigte Anbindungans Festland erfüllt die lang gehegten Wünsche der Inselbewohner inBezug auf größere Annehmlichkeiten im Alltagsleben und besseren kulturellenAnschluss. Der dadurch entstehende Druck nach mehr Entwicklung wirdjedoch neue Probleme auslösen, denn die inhärente Natur einer Insel wird ambesten durch das Meer geschützt.
Die Sanddünen des Dorfes Donmok auf Ui-dopräsentieren sich je nach Wind und Regen ineinem anderen Gewand. Es gibt eine Redensart,nach der die Frauen von Donmok bis zurHeirat einige Scheffel Sand schlucken müssen.
Inseln im weiten Meer
Wenn das Boot, das vom Passagierfähren-Terminal in Mokpo ablegt, an denInseln Bigeum-do und Docho-do vorbeifährt und die kleinen Inselchen vonSinan hinter sich lässt, erstreckt sich vor einem das endlos weite Meer. Passa-giere, die die Reise zum ersten Mal unternehmen, könnten von einem gewissenUnbehagen erfasst werden, wenn sie die Inseln, die als Schutz vor Wind undWellen dienten, hinter sich lassen und plötzlich dem offenen Meer ausgesetztsind. Doch der Schnelldampfer gleitet lautlos weiter über den gewohnten Meeresweg.
Rapsblüte auf der Insel Anjwa-do, aufder die Geburtsstätte von Kim Whanki(1913-1974), eines Pioniers der abstraktenMalerei in Korea, unter Schutz steht.
In diesem offenen, weiten Meer verstreut liegt die Heuksando-Inselgruppe, diedie Inseln Heuksan-do, Hong-do, Gageo-do, Damul-do, Jang-do, Yeongsan-dound Manjae-do umfasst. Hong-do ist nicht nur für ihre je nach Jahreszeit distinktivelandschaftliche Schönheit berühmt, sondern auch für die sich innerhalbeines Tages wandelnde Szenerie, was die Insel zu Recht als „Perle von Sinan“bekannt gemacht hat. Gageo-do ist eine geheimnisvolle Insel, auf der man sichwie im tiefsten Urwald fühlt, wenn einen Wind und Regen auf der Insel festsitzenlassen. Jang-do ist berühmt für ihr einzigartiges Bergland-Feuchtgebietim Inneren der Insel. Yeongsan-do wiederum rühmt sich acht ungewöhnlicherLandschaften einschließlich des elefantenförmigen Felsens Seokjudaemun.
Die Insel Manjae-do, auf der die Jjakji-Kieselsteinküste das Dorf umrahmt unddie von jedem Winkel aus eine hervorragende Aussicht bietet, ist vielleicht dasJuwel der Inselgruppe. Die Insel ist so klein, dass große Schiffe nicht anlegenkönnen. Wer immer zu dieser Insel möchte, muss in Mokpo eine Fähre nehmenund auf dem offenen Meer in ein kleineres Boot umsteigen, das Gageo-do aufder Rückfahrt nach Mokpo passiert, und dann noch einmal 1 km weiterfahren.Ohne den Segen der Götter ist Manjae-do also kaum zu erreichen. Steigt manentlang des Steinmauerwegs die Hügel der Insel hoch, erblickt man hier undda sich aneinander reihende Inseln. Die in Wassernebel getauchten Basaltsäulenunterhalb des weißen Leuchtturms bieten in der Abenddämmerung einenatemberaubenden Anblick. Für die Inselbewohner ist die Jjakji-Küste Quelleihres Lebensunterhalts, hier trocknen sie Seetang und teilen die Ernte aus demMeer. Die Taucherinnen (Haenyeo) der Insel verdienen ihren Lebensunterhaltdurch das gemäßigte Sammeln von Seetang und Meeresfrüchten. Aus Erfahrungwissen sie, dass sie nur dann auf der Insel überleben können, wenn sieLandschaft und Ressourcen nicht übermäßig ausbeuten.
Die Insel Heuksan-do, die heute für ihre Raurücken-Nagelrochen bekanntist, gehörte zusammen mit den Inseln Wi-do und Yeonpyeong-do zu den dreigrößten Pasi-Standorten (Pasi: „Markt auf Wellen“; traditioneller, saisonalerFischmarkt auf dem Meer). Diese Fischmärkte, die bis Ende der 1970erJahre stattfanden, boten bis Ende Oktober je nach Monat unterschiedlicheFirschsorten an. Aushängeschilder von Heuksan-do waren der Gelbfischmarktvon Januar bis April und der Walfischmarkt von Februar bis Mai. Dass in den1960er Jahren über 2.000 Schiffe zum Fischmarkt kamen, beweist, dass hierdas „Goldrausch-Gebiet“ der Fischer war. Archäologische Befunde belegen,dass der Hafen Eupdong-pogu von Heuksan-do von der Zeit des Vereinten Silla-Reiches(676-935) bis zur Goryeo-Zeit (918-1392) ein wichtiger Verkehrsknotenpunktauf der Seeroute zwischen Korea und China war.
Die Heuksando-Inselgruppe mit der Hauptinsel Ui-do und den dazugehörigenunbewohnten Inseln sind dicht mit silbernen Magnolien und Kamelien bewachsen.Diese Baumarten sind die dominanten Spezies in der warmgemäßigtenZone der immergrünen Laubwälder Koreas. Hier kann man den unter Einflussder Erderwärmung stattfindenden strategischen Überlebensprozess zwischenden immergrünen Laubwäldern der warmgemäßigten Zone und den Nadelwäldernbeobachten. Damit bietet sich quasi eine Laborsituation, in der sichder Wandel von Klima und Vegetation verfolgen undkünftige Veränderungen in Flora und Fauna der Inselabschätzen lassen.
Nachwuchsförderung: Schlüssel für Nachhaltigkeit
Sobald die Fähre von den Inseln ablegt, füllenGeschichten meinen Kopf. Ich versuche, den Gesprächender in kleinen Gruppen herumsitzenden Touristenund Inselbewohner lauschend, Schlaf zu finden, dochmeine Gedanken wandern zu den Kindern mit ihrenklaren Augen, die ich auf der Insel kennengelernt habe.Wie bereits erwähnt, gibt es in Sinan unendliche NaturundKulturressourcen. Die Kinder von Sinan, die dortgeboren und aufgewachsen sind, sollten zu Protagonistenherangezogen werden, die die Region in dieZukunft führen können. Diese Kinder sind nämlich diejenigen,die hochtechnologische Wissenschaftsclusterfür Schutz, Verwaltung und Entwicklung der Naturressourcen der Inselregion leiten und die landschaftlichen sowie kulturellen Ressourcenglobalisieren können. Die Anerkennung von Sinan als UNESCO-Biosphärenreservatwird ihnen dabei als Sprungbrett dienen. Die Insel Aphae-domit ihrem reichen Natur- und Kulturbe, das die Tausende von Jahren von derAltsteinzeit bis zum Zeitalter der schriftlich überlieferten Geschichte umfasst,ist historische Stätte und administratives Zentrum von Sinan. Auf der Insel solltenSchulen zur Förderung von jungen, die Zukunft Sinans anführenden Talenteneingerichtet werden, um sie zu wissenschaftlichen und kulturellen Expertenin Bezug auf Inseln und Küsten auszubilden. Genau das wird der Schlüssel zueiner wahrhaftig nachhaltigen Zukunft sein.
In der Ferne kommt das Mokpo Passagierfähren-Terminal in Sicht. Wie eineMutter umarmt der Berg Yudal-san die Menschen mit offenen Armen. Mit Einbruchder Dämmerung geht in den Rohfisch-Restaurants vor dem Terminalein Licht nach dem anderen an. Schon vor der Ankündigung der Ankunft ist derKai von Menschen überfüllt. Mit Reisetaschen, Styroporkisten und schwarzenPlastiktüten, die alle Teile der Insel enthalten, steigen die Passagiere aus. Auchwenn sie jetzt von der Menge gedrängt von der stählernen Fähre getrieben werden,sind sie bereits voller Erwartung, irgendwann einmal wieder an Bord zugehen.
Lee Heon-jong Professor für Archälogie,Mokpo National University
Bae Bien-u Fotos
Die einzigartige Vielfalt
der Inselwatten von Sinan
Das Wattenmeer der Sinan-Inseln formt sich durchein einzigartiges, weltweit selten zu findendesSedimentablagerungssystem, das auf der Wirkungeines geometrischen Netzes von Wasserläufen undPrielen beruht.
Die Felseninseln des Kreises Sinan-gun sind Festland und gleichzeitig Teildes Meeres. Die Inselwatten, die durch die topographischen Besonderheitender Küstenlinie des Dadohae-Archipels entstanden sind, präsentieren jedenTag aufs Neue ungewöhnliche Landschaften, die die Natur mit dem Kommenund Gehen von Ebbe und Flut inszeniert.
Watten entstehen dadurch, dassSedimente durch die Gezeitenunterschiedevom Meer ans Festlandgeschwemmt, oder durch Flüsse vom Festlandan die ins Meer übergehenden Stellentransportiert und dort großflächig und flachabgelagert werden. Wattflächen bilden sichmeistens in Buchten und Mündungsgebietenmit kompliziertem Küstenlinienverlauf.Je schwerer die von den Wellen herangetragenenSedimente sind, desto stärkerlagern sie sich an den äußeren Bereichender Küste ab, während sich leichteresSediment im inneren Küstenbereich setzt.Daher entstehen normalerweise an denäußeren Stellen Sandwatten, im mittlerenBereich Mischwatten und im innerenSchlickwatten.
Bodenstruktur, Wind, Felsengrund
Die Inselwatten des Dadohae-Archipels inSinan bilden jedoch unter den Küstenwatteneine Ausnahme. Die Inseln im offenenMeer bieten den Inseln in der InlandseeSchutz, wobei sowohl die ersteren als auchdie letzteren die topographische Besonderheitaufweisen, dass sich unzähligeInselchen um eine Hauptinsel scharen.Das führt dazu, dass sich je nach Form derSteilküsten und der Küstenlinie der Inselnverschiedene Arten von Watten bilden. ZumBeispiel haben sich durch den Einfluss desNordwestwindes im Nordwesten (offenesMeer) Sandwattgebiete entwickelt, währendim Nordosten und Südwesten (mittlererBereich) Mischwattgebiete und imSüdosten (Inlandsee) Schlickwattgebieteentstanden. Priele und Wasserläufe, dieder unterschiedlichen Lage der Inseln entsprechendverschiedene geometrischeFormen angenommen haben, weisen Sedimentablagerung-Charakteristika auf, diewoanders auf der Welt selten zu sehensind: So setzt sich Schlickwatt auf Mischwattund Mischwatt auf Sandwatt ab. DasSchlickwatt im Südosten, das aus einerdicken Schicht von abgelagerten Sedimentenbesteht, ist ein „Raum der Zeit“. DerWörterbuch-Beschreibung von „Watt“ als„flach“ zum Trotz, sind Hügel die typischenMerkmale des Watts von Sinan. Vielleichtwäre dafür eine neue Bezeichnung wie„Watthügel“ angebrachter.
Ein weiteres Kennzeichen, das die Inselwattenvon Sinan von anderen Wattgebietenabhebt, liegt in den Veränderungen jenach Jahreszeit. Die koreanische Halbinselsteht im Winter unter dem Einflussdes nordöstlichen Windes und im Sommerunter dem Einfluss von Taifunen, sodassdie Sedimentzusammensetzung in derselbenWattenregion im Sommer und Winterunterschiedlich ist. Das heißt, dass einGebiet, das im Sommer ein Mischwatt war,im Winter einem Sandwatt gleichen kann.
Zudem gibt es in Sinans Dadohae-Archipelauch Felswatten, die weltweit eine Seltenheitsind. In anderen Wattgebieten derWelt haben sich die flachen Küsten entlangSanddünen gebildet. Im Gegensatz dazubestehen die Inseln von Sinan aus Felsgesteinund entstanden im Zuge des Meeresspiegelanstiegsnach der Eiszeit, was zurEntstehung von Felswatten führte.
Das Wattenmeer des Archipels Dadohae ist eineSchatzkammer der Biodiversität.
Schutz von Artenvielfalt und Überlieferungvon Watt-Kultur
Dicke Schlammschichten häufen sich im Wattenmeerzu Hügeln an.
Diese topographische und geologischeVielfalt der Watten von Sinan ist die Quelleder reichen Artenvielfalt. Die wirr durcheinanderlaufenden Priele und Wassersläufefungieren als Kapillaren, die das Wattmit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen.Die wundersame Schönheit der geometrischenFormen der Priele und Wasserläufeist ein zusätzlicher Reiz. Die dicken,oxidierten und stark sauerstoffdurchlässigenSchichten machen das Watt zu einemidealen Lebensraum für ein vielfältigesBenthos. Allein ein Vergleich der Zahl derArten von Makrobenthos, das in den Wattgebietenlebt, demonstriert die Artenvielfalt:Während im Wattenmeer der Nordseeküste,das sich über eine Fläche von 14.000km2 entlang der Küsten der Niederlande,Deutschlands und
Dänemarks erstreckt,etwa 160 Arten leben, ist das Wattenmeervon Sinan mit einer Fläche von nur rund400 km2 Lebensraum für etwa 600 Arten.Die Artenvielfalt führt wiederum zur Kulturvielfalt.Seit Tausenden von Jahren istdas Wattenmeer ein Gebiet für menschlicheAktivitäten und es ist die Mission derjetzigen Generation, diese „Lebenskulturin Wattgebieten“ weiterzugeben. DerKreis Sinan-gun setzt sich aktiv dafür ein,die Artenvielfalt auf den Inseln zu schützenund zu verwalten. Als Ergebnis wurdeein Teil des Dadohae-Archipels von Sinan(573,1km2) im Mai 2009 zum UNESCO-Biosphärenreservaterklärt und im März 2016wurde diese Bestimmung auf das ganzeGebiet von Sinan (3.238,7km2) erweitert.Die koreanische Zentralregierung sowie dieRegionalregierungen bemühen sich zurzeitum die Aufnahme der Inselwatten derkoreanischen Südwestküste in die Liste desUNESCO-Welterbes.
Moon Kyong-o Generalsekretär, World Heritage Promotion Team for the Korean Tidal Flats