“Love Story” (2003-2004, Daum Webtoon)
“Apartment” (2004-2008, Daum Webtoon)
“26 Years” (2006, Daum Webtoon)
“I Love You” (2007, Daum Webtoon)
“Neighbor” (2008, Daum Webtoon)
“Lamp Shop” (2011, Daum Webtoon)
“Witch” (2013, Daum Webtoon)
“Moving” (2015, Daum Webtoon)
“Bridge” (2017, Daum Webtoon)

Kang Full
Pionier der Webtoon-Welt
Als Kang Full (geb. 1974) 2015 in einer von Sohn Suk-hee moderierten TV-Nachrichtensendung zu Gast war, stellte der berühmte Moderator ihn als „Trilobit der Webtoon-Welt“ vor. Der Vergleich mit einem ausgestorbenen Urkrebs bringt den Symbolgehalt dieses Webtoonisten der ersten Generation gut zum Ausdruck.

2003, als Kang Love Story auf dem koreanischen Internetportal Daum in Serie veröffentlichte, war das Konzept „Webtoon“ als neues Genre weder bekannt noch klar definiert. Daher gab es damals auch die herabsetzende Ansicht, seine Werke seien keine richtigen Comics (Manhwa). In der Tat konnten sich seine Illustrationen nicht mit den damals auf dem Comic-Markt herrschenden Stan-dards messen. Sein Werk erregte nichtsdestoweniger großes Aufsehen. Als dann die ein Jahr später veröffentlichte Serie Apartment ebenfalls ein Hit wurde, änderte sich die landläufige Meinung.

2003, als Kang Love Story auf dem koreanischen Internetportal Daum in Serie veröffentlichte, war das Konzept „Webtoon“ als neues Genre weder bekannt noch klar definiert. Daher gab es damals auch die herabsetzende Ansicht, seine Werke seien keine richtigen Comics (Manhwa). In der Tat konnten sich seine Illustrationen nicht mit den damals auf dem Comic-Markt herrschenden Stan-dards messen. Sein Werk erregte nichtsdestoweniger großes Aufsehen. Als dann die ein Jahr später veröffentlichte Serie Apartment ebenfalls ein Hit wurde, änderte sich die landläufige Meinung.

Mit der Film-Adaptierung zahlreicher Arbeiten von Kang Full wie z. B. Apartment profilierten sich Webtoons als Haupt-Content für OSMU (one source, multi use). Als dann Film- und TV-Serien-Branche ihr Augenmerk verstärkt auf Webtoons als Quelle für ihre Produktionen richteten und der Sekundärmarkt für Urheberrechte einen Aufschwung erfuhr, konnte sich der Webtoon-Markt insgesamt erweitern. Selbstverständlich lässt sich nicht behaupten, dass Kang Full all das aus eigener Kraft geschafft hätte. Dass er aber als „Trilobit der Webtoons“ der ersten Generation ein wegweisendes Muster schuf, daran besteht kein Zweifel.

“Sambong Barber Shop” (2006, Paran)
“Annarasumanara” (2010-2011, Naver Webtoon)
“God of Bath” (2011-2012, Naver Webtoon)
“Duty after School” (2012-2013, Naver Webtoon)
“Taste of Illness” (2018-2019, Naver Webtoon)

Ha Il-kwon
Ästhetisch vollendete Ausführung
Die facettenreichen ästhetischen Experimente, die verschiedene Künstler im Webumfeld von Bild-schirm und vertikalem Scrolling unternahmen, trugen dazu bei, Webtoons als eine neue, von herkömmlichen Comics unabhängige Mediengattung zu etablieren.

Unter ihnen ist Ha Il-kwon (geb. 1982), der zur 1,5. Webtoon-Generation gehört, ein Schriftsteller, der die Ausdrucksmöglichkeiten des Genres stark erweiterte. Seine Debütarbeit Sambong Barber Shop (2006) zog durch die Wahl der Farben, die auf dem PC-Bildschirm eine besondere Kraft entfalteten, die Aufmerksamkeit auf sich, während er in Annarasumanara (2010-2011) den Stim-mungswechsel durch den Kontrast von achromatischen und chromatischen Farben sowie eine freie, nicht an Panels gebundene Darstellung präsentierte.

Nach God of Bath (2011-2012), das durch seine reifere Darstellungsweise hervorstach, stellte Ha fest, dass die Zeichenstile der Webtoonisten, darunter auch sein eigener, einander zu ähneln begannen. Er begann daher, weniger auf prachtvolle Darstellungen zu fokussieren, sondern konzentrierte sich mehr auf die Erhöhung der Dichte der einzelnen Panels und arbeitete auch Elemente wie Found-Footage- Material ein. Das Ergebnis ist in Duty After School (2012-2013) zu sehen, wo er auf diese Weise die schwermütige Stimmung der Geschichte aufs Höchste steigern konnte.

Ha Il-kwons ansprechende Inszenierung besticht aber nicht nur dadurch, dass er seine Ausdruckstechniken auf die physikalischen Merkmale von PC- oder Smartphone-Bildschirmen erweiterte. Wie in Annarasumanara und Duty After School zu sehen, liegt sein Fokus auf der Maximierung des Lesevergnügens und der emotionalen Reaktion der Leser. Die meisten seiner Werke verbinden Erzählen und Inszenierung auf perfekte Weise. Zu nennen sind z. B. das fröhliche Abenteuer GOGOGO (Zusammenarbeit, 2015), für das im Smartphone integrierte Funktionen wie Vibration effektiv genutzt wurden, aber auch die Serie Taste of Illness (2018-2019), die den verzweifelten Geisteszustand des unter Panikstörungen leidenden Prota-gonisten auf träumerische Art schildert.

“Hanged Doll” (Story by Aruani; 2007-2008, Daum Webtoon)
“Superior Day” (Story by Aruani; 2008-2009, Naver Webtoon)
“Bastard” (Illustrations by Hwang Young-chan; 2014-2016, Naver Webtoon)
“Sweet Home” (Illustrations by Hwang Young-chan; 2017-2020, Naver Webtoon)
“Gorgon” (Illustrations by Seo Jai-il; 2018-2019, Toomics)
“Shotgun Boy” (Illustrations by Red Brush; 2021, Naver Webtoon)

Carnby Kim
Meister des Thriller-Genres
Das wohl berühmteste Werk von Carnby Kim (auch: Kim Kanbi; geb.1982) ist Sweet Home (2017- 2020), das als Netflix-Serienproduktion bearbeitet wurde. Deshalb könnten einige glauben, dass Kim nur der Autor dieser Netflix-Originalserie sei. In die Geschichte des koreanischen Webtoons geht er jedoch als Künstler ein, der sich intensiv mit dem Thriller- Genre befasste und dessen Weiterentwicklung entscheidend voranbrachte.

Sein Debütwerk Hanged Doll (2007-2008), das er zusammen mit dem Skriptwriter Aruani unter dem Namen „Team Getname“ veröffentlichte, und auch sein zweites Werk Superior Day (2008-2009) beschäftigen sich ausführlich mit dem Bösen im Menschen. Hanged Doll handelt von den fünf Mitgliedern der gleichnamigen Gruppe, die selbst im zarten Alter von erst zehn Jahren nicht vor Mord zurückschrecken, und der grausamen Rache eines mittlerweile Erwachsenen, der fast ihren Händen zum Opfer gefallen wäre. Der erst ab 18 freigegebene Webtoon Superior Day erzählt von einem durch Morden nach Überlegenheitsgefühl suchenden Serienmörder, einem brutalen Killer, der ihn einst unterworfen hatte, und der gutherzigen Hauptfigur, der in das Spiel der beiden verwickelt wird und so in Schwierigkeiten gerät. Auch der Hauptcharakter von Bastard (2014-2016), Kims erste Zusammenarbeit mit Illustrator Hwang Young-chan (geb. 1983), der ebenfalls für die Zeichnungen von Sweet Home verantwortlich war, wird durch Zwang und Einschüchterung zum Komplizen seines Vaters, eines Serienmörders.

In Kims Werken, die die Grausamkeit des Menschen ins Rampenlicht rücken, stehen die Protagonisten oft vor ernsthaften ethischen Dilemmata. Als Thriller-Autor verlässt sich Kim nicht auf narrative Spielereien, er beweist vielmehr unglaubliches Gespür dafür, seine Charaktere in die Ecke zu treiben und den inneren Konflikt, mit dem sie zu kämpfen haben, auf unheimliche Weise zu sezieren. Das ist wohl auch der Grund, warum Sweet Home, das eher an eine postapokalyp-tische Erzählung als an einen Thriller erinnert, sich wie eine Erweiterung von Kims früheren Werken liest. Es ist die Geschichte von Menschen, die sich in einer von Monstern dominierten Welt bemühen, nicht zu Monstern zu mutieren, auch wenn das der einfachste Weg wäre. Das ist das Thema, dem Kim immer wieder nachspürt und das er am brillantesten meistert.

“3 Grams” (2012, Mimesis)
“Street Painter” (2015, Olleh Market)
“SARIN” (2017-2018, Instagram/Facebook)
“Gone” (2019-2020, Instagram/Facebook)

Soo Shin Ji
Außerhalb der Mainstream-Plattformen
Die Veränderungen, die die Webtoonistin Soo Shin Ji (geb. 1980), Autorin von SARIN (2017-2018) und GONE (2019-2020), anführte, gingen in zwei Richtungen. Erstens entschied sie sich dafür, ihre Werke nicht auf Daum oder Naver, die den Webtoon- Markt in den letzten 18 Jahren dominierten, zu serialisieren, sondern auf den Social-Media Sites Instagram und Facebook zu posten, wo sie explosive Beliebtheit und Anerkennung fanden.

Auch ohne sich auf den mächtigen Zugeffekt der Hauptplattformen mit ihren Massen potentieller Leser zu verlassen, gewann SARIN allein durch Mundpropaganda und Empfehlungen auf SNS-Seiten über eine Million Follower. Soo bekam kein Entgeld für ihre hochgeladenen Werke, sondern erhielt erst nach der Veröffentlichung der Druckversion ein Autorenhonorar. Es ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass ein Webtoon auch ohne die konventionelle Serienveröffent-lichung auf großen Webplattformen zum Hit werden kann.

Der zweite, von Soo angestoßene wichtige Trend war, feministische Themen, die in den Jahren davor hauptsächlich online heiß diskutiert worden waren, im Webtoon wirksam ins Rampenlicht zu rücken. SARIN befasst sich kritisch mit den patriarchalischen Bräuchen der koreanischen Gesellschaft, nach denen die Frau nach ihrer Heirat zur Schwiegerfamilie gehört und sich hingebungsvoll um sie kümmern sollte. GONE porträtiert eine fiktive Welt, in der Frauen, die abgetrieben haben, mittels einer entsprechenden Technologie ausfinding gemacht und gesetzlich bestraft werden. Das Werk ist eine beißende Satire über das Verbot des Schwan-gerschaftsabbruchs, das das Recht der Frau auf Eigenbestimmung über ihren Körper aushebelt.

Als der Webtoon-Markt mit Schwer-punkt auf die beiden Hauptportale Naver und Daum expandierte, neigten die Webtoon-Künstler irgendwann dazu, um die Gunst der Veröffentlichung auf diesen Portalen zu buhlen. Die zunehmende Zahl solcher Erfolgsgeschichten entmutigte die Künstler paradoxerweise, bei ihrer Arbeit neue Pfade zu betreten. Der Erfolg von Soos Wagnis, in einer Zeit, in der ohne die großen Mainstream- Portale im Rücken mit feministischen Themen ein Durchbruch so gut wie unmöglich erschien, spricht Bände.

Seitdem ist die Zahl der Künstler, die auf Sozialen Medien wie Insta-gram direkt mit ihrer Leserschaft kommunizieren, gestiegen und es erschienen feministische Webtoons mit scharfem sozialen Problembewusstsein, die später dann auf den Hauptplattformen veröffentlicht wurden. Die Kräuselungen, die Soo außerhalb des starren Mainstream- Systems hervorrief, entwickelten sich zu Wogen.

“Lookism” (Since 2014, Naver Webtoon)
“Viral Hit” (Illustrations by Kim Junghyun; since 2019, Naver Webtoon)
“Loser Life” (Illustrations by Jeon Sun-wook; 2019-2020, Naver Webtoon)

Pak Tae-jun
Prickelnde Erfrischung
Pak Tae-jun (geb. 1984) wurde 2009 durch eine TV-Variety- Show bekannt, zu der gutaussehende Internetstars eingeladen wurden. Eine Zeitlang folgten weitere TV-Auftritte, bevor er seinen eigenen Online- Kleidershop eröffnete. 2014 debütierte er als Webtoonist mit Lookism, einer immer noch auf Naver Webtoon zu sehenden, wöchentlich ausgestrahlten Serie, die sich seit ihrem Beginn im Jahr 2014 der bislang höchsten Anklickzahlen auf der Plattform erfreut.

In der koreanischen Webtoon-Szene gilt Pak als „invasive, das Ökosystem störende Spezies“, was allerdings nicht allein auf seinen Hintergrund als Außenseiter und seine enorme Popularität zurückzuführen ist. Immerhin gab es auch andere, die in die Szene einstiegen und große Beliebtheit erlangten, wenn auch nicht mit so viel Erfolg wie Pak. Warum er als Störenfried betrachtet wird, ist eher darauf zurückzuführen, dass er sich geradezu vorbildhaft an die Lehrbuchformel für Erfolg hält: ohne Vorbehalte die Sensationsgier der Leserschaft bedienen.

Webtoon-Leser bevorzugen eine Erzählmethode, die in Korea als „Saida“ (dt.: Sprite) bezeichnet wird. Der Ausdruck referiert auf den erfrischend prickelnden Geschmack des kohlensäurehaltigen Getränks und das befriedigende Gefühl, das sich nach einem ordentlichen Schluck einstellt. Ein ähnlicher Effekt wird durch plötzliche Wenden im Plot anstelle von plausiblen Lösungen für die Konflikte unter den Charakteren erzielt – Entwicklungen, in die der Leser sich mit Genugtuung hineinversetzt. In Lookism verwandelt sich z. B. der kleine, hässliche Protagonist eines Tages in einen groß gewachsenen Beau und damit zu einem Objekt des Neids. In Viral Hit (2019-) wird aus einem armen, schwachen Schlucker mithilfe eines Youtube-Accounts für Kampfkunsttraining schrittweise ein Youtube-Star, der Videos von seinen Kämpfen hochlädt. Solche Handlungsgerüste mögen zwar übermäßig schlicht und einfach erscheinen, garantieren dem Leser aber todsicher intuitiven Spaß.

Paks Webtoon Loser Life (2019- 2020), der ebenfalls auf Naver in Serie herausgegeben wurde, verzeichnete ebenfalls sehr hohe Anklickraten, was die Wirksamkeit seiner Strategie beweist. Das Problem dabei ist jedoch, dass dieser schnelle und einfache Weg zur Befriedigung der Leser das Risiko birgt, ablehnende Gefühle gegenüber sozial Benachteiligten hervorzurufen. Daher erfreuen sich seine Werke einerseits größter Beliebtheit, geraten aber andererseits in den Verdacht der Frauen- oder Einwandererfeindlichkeit. Diesem Problem wird sich Pak stellen müssen, wenn er sich zu einem Webtoonisten entwickeln will, der über Korea hinaus ein breiteres Publikum ansprechen kann.