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2021 SUMMER

Feministische Narrative: Eine neue Welle in der koreanischen Filmszene

RAUM FÜR DAS ATYPISCHE

Feministische Narrative in den Populärmedien, angefangen von Filmen und Webtoons bis hin zu TV-Dramen und Reality-Shows, haben im Zentrum der koreanischen Populärkultur festen Fuß gefasst.

Das Poster für Regisseur Kim Ki-youngs Thriller Woman of Fire (1971), mit dem Youn Yuh-jung auf der Leinwand debütierte und bei den 2021 Academy Awards zur besten Nebendarstellerin gekürt wurde. In dieser für sie bahnbrechenden Rolle spielte Youn ein unschuldiges Hausmädchen, das sich in eine leidenschaftliche Verführerin verwandelt. © Pioneer Pictures Film

In The Taste of Money (2012) spielt Youn die Frau eines Konglomerat-CEOs, die ihr Geld und ihre Macht offen zur Schau stellt und sich an junge Männer heranmacht. Der Film ist eine Fortsetzung von Regisseur Im Sang-soos Werk The Housemaid. © Cine21

Die Großmutter in Lee Isaac Chungs Minari – Wo wir Wurzeln schlagen (Originaltitel: Minari) spielt gerne Hwatu (koreanisches Blumen-Kar¬tenspiel) statt Kuchen zu backen, schaut sich Pro-Wrest-ling-Kämpfe an und flucht meisterhaft. Weit entfernt vom typischen Bild einer Mutter oder Großmutter, das die Kore¬aner im Kopf haben, ist sie alles andere als zurückhaltend, ehrerbietig und leise.

Schauspielerin Youn Yuh-jung gewann für ihre Darstel¬lung der forschen Oma den Oscar 2021 als beste Nebendar¬stellerin. Die Rolle entspricht ihrer atypischen Filmografie. Youn wurde nicht wie andere Schaupielerinnen ihrer Zeit als Protagonistin tragischer Liebesgeschichten oder als quir-liger Jungendstar bekannt, sondern verkörperte stets kämp¬ferische, provokative Charaktere, die nicht davor zurück¬schrecken, ihre Bedürfnisse auszuleben.

Ihr Debütfilm, Woman of Fire (1971) war ein Werk von Regisseur Kim Ki-young (1919-1998), der als Pionier des koreanischen Psychothrillers gilt. Sie spielte die vom Haus¬herrn vergewaltigte und geschwängerte Dienstmagd, die zur Abtreibung gezwungen wird und schließlich ihren Peini¬ger ermordet. Für diese Rolle wurde Youn auf verschiede¬nen Filmfestivals im In- und Ausland mit dem Preis für die beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

Ein Jahr später war sie in Insect Woman (1972), einem weiteren Thriller Kim Ki-Youngs über Hassliebe und Eifer¬sucht und quasi die Fortsetzung von Woman of Fire (1971), erneut als Protagonistin zu sehen. In der Fernsehserie Jang Huibin (1971-1972) übernahm sie die Hauptrolle der gehäs¬sigen Frau, die zur Gemahlin des Königs aufsteigt. Nach einer längeren Familienpause setzte Youn Ende der 1980er Jahre ihre Schauspielkarriere fort und spielte bevorzugt Charaktere, die allgemeine Einstellungen und konventionel¬le Stereotypen in Frage stellten.

Eine Szene aus The Bacchus Lady (2016) unter der Regie von E J-yong, in der Youn als ältere Prostituierte zu sehen ist, die ihren Lebensunterhalt mit alten Männern als Freiern verdient. © KOREAN FILM COUNCIL

Kommerzielle Filme
Das Korean Film Archive präsentierte 2019 die Sonder¬ausstellung 100 Jahre koreanischer Film, betrachtet anhand weiblicher Charaktere mit dem Untertitel „Böse Frauen, seltsame Frauen, betörende Frauen“. Wie der Titel verrät, wurde es meist als schlecht oder abnormal bewertet, wenn eine Frau selbstbestimmt ihr Verlangen oder ihren Willen zum Ausdruck brachte, wobei Frauen im Film oft mit den Augen männlicher Regisseure betrachtet und entsprechend verzerrt dargestellt wurden.

In den 1990er Jahren setzte mit steigendem Bewusstsein in Bezug auf die Rechte der Frau ein Umdenken ein. Ein neuer Schlag von Regisseurinnen und Produzentinnen ver¬lieh Drehbüchern und Charakteren größere Tiefe. Sie rück¬ten frauenzentrierte Geschichten von der Peripherie an die vorderste Front der Populärkultur und nicht wenige von ihnen waren kommerziell erfolgreich und erhielten positive Kritiken.

Neben Filmen wie Kim Ji-young, born 1982 (2019) unter der Regie von Kim Do-young, eine Verfilmung des gleich¬namigen Bestsellers von Cho Nam-ju, sowie House of Hummingbird (2019) von Kim Bo-ra, ein kommerzieller Hit, der auf vielen wichtigen Filmfestivals Preise erhielt, stießen auch Werke wie Lucky Chan-sil (2020) von Kim Cho-hee, Moving On (2020) von Yoon Dan-bi und Voice of Silence (2020) von Hong Eui-jeong auf positive Resonanz bei Publikum und Kritikern.

Die Bandbreite der kommerziellen Filme lässt erkennen, dass die epischen Narrative vielfältiger geworden sind und über Feminismus hinaus auch andere Brennpunktthemen behandeln, darunter sexuelle Kriegsgewalt, Aufdeckung von Firmenkorruption durch weibliche Beschäftigte und Kampf gegen das Verbrechen. Besonders bemerkenswert ist, dass auch andere Unterhaltungsmedien diesen Trend aufgreifen.

Die SBS TV-Serie Nobody Knows (2020) behandelt die Geschichte einer hartnäckigen Kriminalpolizistin, die fest entschlossen ist, herauszufinden, warum sich ein Junge vom Dach eines Gebäudes stürzte. © StudioS

TV-Serien und Webtoons
Die Entwicklung der TV-Serien-Trends, die von Soaps und Familiendramen über romantische Serien bis hin zu den Genre-Dramen reicht, spiegelt an sich schon die Evo¬lution der weiblichen Charaktere wider. Während Frauen in Soaps oder Familiendramen im Kontext der patriarcha¬lischen Ideologie als passive, schicksalsergebene Charak¬tere gezeichnet wurden, erscheinen in romantischen Serien hauptsächlich Cinderellas der Gegenwart, die einen reichen Mann treffen und die soziale Leiter hochklettern.

Ein frühes Beispiel des Wandels war die Serie The Queen of Office (2013, KBS2), die die Geschichte einer ledigen Frau erzählt, die in so vielen Bereichen Zertifikate vorwei¬sen kann, dass sie andere einschüchtert. Sie lehnt alle Ange¬bote für eine der von alleinstehenden Frauen normalerweise begehrten Vollzeitstellen ab und wechselt nach kurzer Zeit von einem Unternehmen zum nächsten. Kim Hye-soo, der Star dieser Serie, wurde für ihre Leistung mit der höchs¬ten für TV-Serien-Rollen vergebenen Auszeichnung geehrt. Strong Girl Bong-soon (2017, JTBC), eine der koreanischen Kabelfernsehen-Serien mit den höchsten Ratings, porträ-tiert einen weiblichen, Schurken verprügelnden Bodyguard; Mr. Sunshine (2018, tvN) handelt von einer Scharfschützin, die mit einer antijapanischen Miliz zusammenarbeitet; und Hyena (2020, SBS TV) erzählt von einer Anwältin, die auf Teufel komm raus nach Erfolg strebt.

Andererseits erschienen auch Serien, die die in Familien¬serien häufig zu beobachtende Geschlechterdiskriminierung absichtlich hervorheben und gerade dadurch große Zustim¬mung ernten. Die Serie The World of the Married (2020, JTBC) zum Beispiel, die vom emotionalen Schmerz, den das Fremdgehen eines Ehepartners auslösen kann, erzählt, wurde in Korea zur erfolgreichsten Kabel-TV-Serie aller Zeiten. Birthcare Center (2020, tvN) zeigt, welche Kon-flikte und Schwierigkeiten Schwangerschaft und Geburt im gesellschaftlichen Leben bzw. Berufsleben einer Frau ver¬ursachen können, während No, Thank You (2020, Kakao TV), dem ein beliebter Webtoon zugrunde liegt, mit viel Feingefühl die negativen Auswirkungen der traditionell pat¬riarchalischen Gesellschaftsstrukturen in Korea anhand der Geschichte einer Frau einfängt, die sich nach der Heirat von der Schwiegerfamilie diskriminiert fühlt.

Auch in den Webtoons gewinnen Geschichten von und über Frauen immer mehr Aufmerksamkeit. Ein repräsentati¬ves Beispiel ist Jeong-nyeon (2019-2020, Naver Webtoon), das eine rein weibliche, in den 1950er Jahren sehr belieb¬te Gugak-Band (Gugak: traditionelle koreanische Musik) ohne Voreingenommenheit in Bezug auf das Geschlecht neu beleuchtet.

Evolving Narratives
Vor dem Hintergrund eines breiteren gesellschaftlichen Diskurses betrachtet, erfolgte die Entwicklung der weib¬lichen Rollen in Film und TV parallel zum Wegfall politi¬scher und wirtschaftlicher Beschränkungen. Korea hat in den 1970/80er Jahren anhand eines patriarchalisch basier¬ten, an „Familie und Nation orientierten“ Systems den Weg des komprimierten Wachstums eingeschlagen, für das jedoch politische Rechte und Arbeitnehmerrechte an den Rand gedrängt wurden, bis Graswurzelbewegungen in den späten 1980er Jahren zu Reformen führten. Politische und wirtschaftliche Demokratisierung brachten schließlich mehr „Demokratie im Alltag“. Dabei stand der Ruf nach einer Gesellschaft mit einer stärkeren Gleichberechtigung der Geschlechter im Vordergrund.

Die Contents der koreanischen Populärkultur haben im Gleichschritt mit der gesellschaftlichen Entwicklung den sich wandelnden Wertekodex und die öffentliche Stimmung der Zeit aufgenommen, wodurch auch feministische Narra¬tive an Gewicht gewannen. Wie der Film Portrait of a Lady on Fire von Céline Sciamma, der auf den Internationa¬len Filmfestspielen von Cannes 2019 mit dem Queer Palm Preis gekrönt wurde und auf zahlreichen Filmfestivals in den USA, Großbritannien und Frankreich etliche Auszeich¬nungen erhielt, zeigt, dass feministische Narrative weltweit stärker denn je im Brennpunkt des gesellschaftlichen Inter-esses stehen.

Die SBS TV-Serie Hyena beleuchtet die starken Rivalitäten zwischen einem Star-Rechtsanwalt aus einer reichen Familie von Rechtsanwälten und einer mutigen Anwältin, die auf Teufel komm raus nach Erfolg und Reichtum strebt. © KEYEAST

Birthcare Center (2020), eine Serie des Kabelsenders tvN, kam mit ihrer realistischen Darstellung der Veränderungen, die sich im Leben einer Frau nach der Geburt eines Kindes ergeben, bei der weiblichen Zuschauerschaft gut an. © CJ ENM

Jung Duk-hyunPopulärkulturkritiker

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