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Für die Koreaner, die zu den trinkfreudigsten Völkern der Welt zählen, gehören neben dem Alkohol auch Beilagenspeisen auf den Tisch. Der milchig-trübe Reiswein Makgeolli passt ideal zu Bindaeddeok (Mungobohnen-Pfannkuchen), der klare Getreideschnaps Soju schmeckt am besten zusammen mit Samgyeopsal (gegrillte Schweinebauchscheiben), und zu Bier geht eigentlich nur Chimaek. „Chimaek“, eine englisch-koreanische Wortschöpfung aus „frittiertes Hähnchen“ und „Bier (Chi(cken) + Maek(ju))“, hat es mittlerweile sogar in die Wörterbücher geschafft.
Chimaek blickt erst auf eine kurze Geschichte zurück. In den Jahren nach dem Koreakrieg war selbst ein Spiegelei noch ein Festtagsessen, ganz zu schweigen von frittiertem Hähnchen. Erst 1960 hatte die erste Chimaek-Version ihr Debüt, und zwar im Myeongdong Yeongyang Center, einem auf Hähnchen spezialisierten Restaurant im Seouler Innenstadtviertel Myeong-dong, das zu gepfefferten Preisen Hähnchen vom Elektrogrill und Fassbier servierte. Um diese Zeit begann jedoch der Import von Masthühnern und Futtermitteln aus den USA, sodass in den 1970er Jahren in Korea Geflügelfarmen mit Käfigen voller Hühner aufkamen. Auch Shortenings und Speiseöl wurden mittlerweile massenproduziert, ebenso Mehl aus Importweizen.
Als bei allen Zutaten die notwendige kritische Masse erreicht wurde, eröffnete 1977 Lims Chicken, die erste koreanische Kette für frittiertes Hähnchen, im Untergeschoss des Shinsegae-Kaufhauses, einem Hub für Fertiggerichte in der Innenstadt von Seoul. 1984, sieben Jahre später, wurde das erste KFC-Restaurant im nahe gelegenen Viertel Jong-ro eröffnet.
Die heute vertraute Chimaek-Kombination kam 2002 auf, als Südkorea gemeinsam mit Japan die Fußballweltmeisterschaft ausrichtete. Erstaunlicherweise erreichte der Außenseiter Korea das Halbfinale, was das ganze Land in einen wahren Freudentaumel versetzte. Begeisterte Fans versammelten sich vor den Megaleinwänden auf den Plätzen und den TV-Bildschirmen in Restaurants und Kneipen und bestellten Chimaek, was sich zu einem nationalen Trend entwickelte. Angetrieben von koreanischen TV-Serien, in denen die Hauptdarsteller Chimaek genießen, breitete sich das Gericht auf andere ostasiatische Länder aus.
Die „Chimaek-Sucht“ der Koreaner hat aber auch eine negative Seite: Heißes Frittieröl, kalorienreiche Panade und hoher Salzgehalt von Hähnchen à la Korea regen in Kombination mit Bier Appetit und Durst an, was zu übermäßigem Essen und Trinken führt. Daher wird das Gericht, das die Koreaner in feucht-fröhlicher geselliger Runde am liebsten essen, nicht nur mit schönen Erinnerungen in Verbindung gebracht, sondern auch mit einem erhöhten Risiko, Fettleibigkeit, Gicht, sowie Herz-Kreislauf- und Lebererkrankungen zu entwickeln. Wie dem auch sei: Im ganzen Lande reicht ein kurzer Telefonanruf, um das beliebte Kombi-Set zu relativ günstigen Preisen innerhalb von nur einer halben Stunde bis an die Haustür liefern zu lassen und das Tor zum „Chimaek-Paradies“ zu öffnen.